TRIER. Den 20. Juli 1890 muss der Belgier Charles de Féral mit gemischten Gefühlen erlebt haben: Acht Monate zuvor, konkret am 27. November 1889, hatte ihm die Stadt Trier die Konzession erteilt, eine schmalspurige Pferdebahn, also eine Bahn, die von Pferden gezogen wird, zu errichten, welche an besagtem Julitag feierlich eröffnet wurde. Jedoch schlug de Féral ursprünglich vor, statt der Pferdebahn eine elektrische Straßenbahn zu errichten, was ihm die Stadtväter jedoch verwehrten. Somit hatte die Stadt Trier die Chance vertan, weltweit eine der ersten Städte mit elektrischen Verkehrsmitteln zu werden.
Es dauerte ganze 25 Jahre, ehe der Fortschritt in der Moselprovinz Einzug hielt und am 15. Oktober 1905 die 3,44 Kilometer lange Pferdebahn durch eine elektrische Straßenbahn abgelöst wurde. Zudem verdoppelte sich mit der Umstellung auf die – von den Trierern liebevoll „d‘ Elektrisch“ genannte – Straßenbahn die Zahl der Linien von zwei auf vier: Hauptbahnhof – Euren, Porta Nigra – Pallien, Hauptbahnhof – St. Matthias (später St. Medard) und Jägerkaserne – St. Medard.
Die dann folgenden Weltkriege läuteten das Ende der Bahn ein: Von den Schäden der Kriege und den Folgen der Besatzung sollte sich der Betrieb nie erholen. Zur letzten Fahrt der Bahn, am 14. September 1951, versammelten sich hunderte Trierer entlang der 14,15 Kilometer langen Gesamtstrecke, um sich zu den Klängen von Chopins Trauermarsch von „d‘ Elektrisch“ zu verabschieden. Zwar wurden besonders in den 1990er Jahren vermehrt Stimmen laut, die eine Renaissance der Straßenbahn forderten – besonders für die Anbindung an die Universität – jedoch wurden diese Pläne aus Kostengründen verworfen. Hatte die Stadt Trier einmal mehr die Chance verpasst, wegweisende Projekte zu fördern?
Wie die aktuellen Zustände in der Paulinstraße belegen, wäre es zur Zeit ein Leichtes, auf alten Teilen von „d‘ Elektrisch“ aufzubauen: Durch den desolaten Zustand der Straße kommen stellenweise die Schienen der damaligen Straßenbahn wieder zum Vorschein. Diese wurden seinerzeit offensichtlich einfach mit einer Asphaltdecke überzogen. Wenn das aber auf keine Gegenliebe im Augustinerhof stößt, sollte man wenigstens die Schienen aus der Straße herausholen. Bei den derzeitigen Altmetallpreisen könnte das eine willkommene Finanzspritze für den Stadtsäckel sein.
Heute schlängeln sich 865 Straßen durch das Stadtgebiet und im Haushalt der Stadt Trier für 2015/2016 sind mehr als 27 Millionen Euro zur Instandhaltung vorgesehen, um sie für die tausenden Auto- und Radfahrer in Schuss zu halten.
Laut des aktuellen Fahrradklima-Tests des ADFC bedarf es gerade im Bereich der Velos an Investitionen. Die aktuellen Baumaßnahmen belegen die Notwendigkeit der Straßeninstandhaltung: Die Bitburger Straße ist wegen Hangsicherungsarbeiten eingeengt, in der Loebstraße beginnt der seit langem geforderte Großausbau und auch der Verkehrsknotenpunkt am Pferdemarkt ist auf Grund von Bauarbeiten eingeschränkt. Abgesehen vom finanziellen Aspekt, ist der Verkehr in der Straße Am Markusberg wegen Krötenwanderungen aktuell besonderen Bedingungen unterworfen.
Die Bewohner der Paulinstraße spekulieren angesichts der freiliegenden Schienenteile, ob eine Reanimation der ehemaligen Straßenbahn die sinnvollere Alternative zu einer Sanierung sein könnte. Die freundlicherweise vom Stadtarchiv zur Verfügung gestellten Aufnahmen zeigen ein romantisches Trier, dessen Renaissance zur, von Bewohnern und Gewerbetreibenden geforderten, Stärkung und Revitalisierung der Paulinstraße beitragen würde.
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Absolut begrüßenswert, Saarbrücken hat sich eine Straßenbahn bauen lassen in Luxemburg wird eine gebaut, wohl nicht ohne Grund.
Den Straßenbahnerverein gibt es (immer noch)!
ich find das prima mit der Strassenbahn , die kann man dann am Augustinerhof auf ein Podest stellen und den guten alten Zeitzen nachtrauern.
Scherz beiseite , ich habe in Strassburg erlebt wie dort ein Strassenbahnnetz in den 90igern wieder aufgebaut wurde, in Luxemburg wurde das von einer Expertenkommission schon in den 80iger Jahren empfohlen
In Trier und Umgebung hat man bestehende Schienennetze abgebaut wie die Moselbahn , die Ruwertalbahn und damit eine Chance verpasst einen ÖPNV auf Schienen einzurichten. Jetzt wird lieber herumgewerkelt und mal hier mal da die Verkehrsführung zugunsten von Radfahrern geändert.
Ich habe die Hoffnung aufgegeben dass die Stadtväter sich jemals für eine intelligente und bessere Verkehrsart entscheiden und die Stadt weiterhin mit Autos bis zum Anschlag füllen.
Soweit ich mich erinnere, hat Leibe (als OB Kandidat) gesagt, daß er sich langfristig vorstellen könnte, wieder eine Straßenbahn zu etablieren. Das hatte damals glaube ich vielen aus der „freie Autofahrt für freie Bürger“ Fraktion gestört. Denn das würde auf dem Alleenring z.B. zulasten der ein oder anderen Autospur gehen.
Sehr passend finde ich im Artikel den Satz, daß Trier ‚wieder‘ eine Chance verpasst hat. Da ist nämlich was dran. Alles was anders als jetzt ist wird leider von den meisten Leuten abgeblockt.
Eine evtl. Straßenbahn sollte natürlich keine Autospur belegen sondern ihre Gleise mit den Pkw teilen. Nur Haltestellen wären ein abgegrenzter Bereich, diese liegen meist auf Inseln mitten auf der Straße. Entlastung für die Höhenstadtteile bringt das wohl nicht denn diese Steigung benötigt tatsächlich eine Zahnradbahn.
Bei steigenden Mineralölpreisen wäre es mal durchzurechnen wann sich das Projekt “ Straßenbahn“ amortisiert und gegebenenfalls könnten geringere Kosten an den Fahrgast abgegeben werden.
Da Trierer Stadtpolitik aber immer am Bedürfnis seiner Bürger vorbeigeht, man gewählt wurde und dann den Parteiwillen umsetzt sehe ich da schwarz.
Wir bekommen nicht das was wir wollen sondern wir haben das zu akzeptieren was uns vorgesetzt wird. Liebe AFD seit ihr doch bitte der Hecht im Karpfenteich und stecht den Finger tief in die Wunden verfehlter Trierer Politik.
Warum kleckern?
Was Trier braucht, ist eine U-Bahn!
Sehr geehrte Redaktion,
unsere Enkel haben uns auf diesen wunderschönen Artikel aufmerksam gemacht.
Ich habe feuchte Augen beim lesen des Artikels und dem betrachten der wunderschönen Fotos bekommen. Wir sind noch immer ganz gerührt und sehr stolz Trierer zu sein. Es war eine wunderschöne Zeit, was wir auch im Gespräch zu dieser Thematik mit unseren Enkeln deutlich gemacht haben.
Der jungen Generation wünschen mein Ehemann und ich sehr viel Mut und Vertrauen in die gesamte Völkergemeinschaft. Unsere Generation hatte viele Aufgaben zu erfüllen, insbesondere nach dem Krieg aber es war nicht alles immer besser wie so manches mal vielleicht gedacht wird. Wir hatten sehr, sehr dunkle Jahre zu erleben, auch wegen der Nazis und nach der Befreiung durch die Alliierten.
Jede Generation hat ihre Aufgaben und wir wünschen alle Kraft und allen Mut diese zu bewältigen.
Mit freundlichen Grüßen auch im Namen meines Mannes an Ihre Redaktionsmitglieder und das Stadtarchiv herzlichen Dank.
… und zum Mariahof, nach Feyen, Neukürenz, Uni, usw muß dann in eine Zahnradbahn gebaut werden.
Der Artikel ist ja gelungen Glosse auf die Trier Straßenzustände! Eine ernsthafte Anregung über die Wiedereinführung einer Straßenbahn eher nicht. Aus vielerlei Gründen wäre diese in Trier sinnlos und zudem unbezahlbar. 1.) Bedarf: Die Grenze der Leistungsfähigkeit von Bussystemen liegt bei 15T Fahrgästen pro Linie und Tag. Davon sind wir in Trier weit entfernt! (bei Straßenbahnen sind es 15T, bei Stadtbahnen 100T und U-Bahnen 200T) 2.) Platzbedarf und Reisezeit: Für eine U-Bahn oder Stadtbahn gibt es schlichtweg keinen Platz im Städtchen. Eine Straßenbahn, die sich den Fahrweg mit dem MIV teilen muss, hat leider keinen Zeitvorteil gegenüber Stadtbussen. 3.) Kosten: Investitionskosten bei Straßenbahnen liegen pro Fahrzeug bei 2,5-3Mio € und 7-18 Mio € pro km Fahrweg. Bei den 650 Mio € Schulden sollte das aber auch kein Problem sein?