TRIER. Fünf Jahre ist es inzwischen her, dass die Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern auch in der katholischen Kirche in breitem Rahmen bekannt wurden. Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann, der von der Deutschen Bischofskonferenz mit der Aufarbeitung und Betreuung dieses Themas beauftragt wurde, zog in einem Pressegespräch eine Bilanz.
Die Missbrauchsfälle der Katholischen Kirche werden laut Bischof Dr. Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs, noch lange ein Thema sein. „Die Arbeit ist nicht abgeschlossen, der Weg geht weiter“, sagte der Bischof bei einem Pressegespräch am 19. Januar in Trier. „Wir können unter dieses Thema keinen Schlussstrich ziehen.“ Anlass des Pressegespräches war, dass vor fünf Jahren, im Januar 2010, zahlreiche Missbrauchsfälle in der Kirche bekannt geworden waren.
114 Betroffene haben sich in Trier gemeldet
Bischof Ackermann und Dr. Andreas Zimmer, Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsdienste im Bistum Trier, gaben bei dem Gespräch eine Bestandsaufnahme. Die erste Phase habe aus Auswertung und Aufarbeitung bestanden, erklärte der Bischof. Dabei seien Betroffene ermutigt worden, sich zu melden – etwa durch eine eigens eingerichtete Hotline. Beschuldigte seien konfrontiert worden. Zudem seien kirchliche Strafverfahren eingeleitet worden. Für das Bistum Trier bedeute dies in Zahlen (Stand 31. Dezember 2014): 114 Betroffene haben sich in den letzen fünf Jahren gemeldet. Beschuldigt wurden 37 bereits verstorbene Priester, sowie 30 noch lebende. 21 dieser Verfahren wurden zum Abschluss gebracht, neun sind noch offen. 83 Anträge auf finanzielle Entschädigung wurden gestellt, 79 bewilligt. Insgesamt erhielten die Betroffenen bisher rund 400.000 Euro, die nicht aus der Kirchensteuer stammen. 2010 hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) zudem „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger“ vorgestellt, 2013 noch einmal überarbeitet.
Kultur der Achtsamkeit
Mit der Aufarbeitung habe auch die Phase der Prävention begonnen. „Dabei geht es nicht um etwas, das man abschließen kann“, erklärte Zimmer. Routinen müssten entwickelt werden, die regelmäßig überprüft würden. Seit dem Jahr 2011 sind im Bistum Trier 2.276 Mitarbeiter geschult worden. Jede Einrichtung muss zudem ein auf sie zugeschnittenes Schutzkonzept entwerfen und zertifizieren lassen. Neben dem Qualiätsmanagement müsse eine „Kultur der Achtsamkeit“ entwickelt werden – nicht nur im kirchlichen Bereich. „Ziel ist es, dass die Mitarbeitenden selbst Kinder- und Jugendschützer sein können“, erklärte Zimmer, in allen Bereichen des Lebens. Denn Kinder- und Jugendschutz sowie die Stärkung von Kinderrechten, sagte Ackermann, „gehören zu einem wichtigen Raum von Kirche“.
Mehr Wissen ergibt mehr Fragen
Fünf Jahre nachdem der Jesuitenpater Klaus Mertes mit einem Brief an ehemalige Schüler des Berliner Canisius-Kollegs den Anstoß gab, sei „Missbrauch“ ein etabliertes Standardthema geworden, sagte Zimmer. Dies sei ein „wesentlicher Gewinn“. Mit mehr Wissen gebe es aber mehr Fragen. Daher gehe es nun darum, zu evaluieren, sich weiter zu vernetzen, und auch einen Blick auf neue Gefahren zu haben, wie sie sich etwa durch das Internet entwickelten. Bischof Ackermann wies zudem auf das Forschungsprojekt der DBK hin zum Thema „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen“. Darin sollen einheitliche Kriterien entwickelt werden, um die Datenlage zu vergleichen. Interviews mit Betroffenen und Tätern werden ausgewertet, Institutionen verglichen, sowie Präventionsaspekte aufgeführt. Zudem werden Personalakten ausgewertet und Berichte aus anderen Ländern eingebracht. Das Forschungsprojekt soll Ende 2017 seinen Abschluss finden.