TRIER. Die Schlagzeile saß: „Neue Hallen fürs Theater: Trickst Trier bei den Finanzströmen?“ – so titelte der „Trierische Volksfreund“ in einer investigativen Recherche. Im Kern geht es um ein neues Probenzentrum für das Theater, gebaut von den Stadtwerken im Energie- und Technikpark (ETP) und teuer an die Stadt vermietet. Die Vorwürfe: mangelnde Transparenz, buchhalterische Tricksereien und ein Stadtrat, der bei Millionenentscheidungen nicht rechtzeitig eingebunden wurde.
Die Stadt Trier hat darauf nun, knapp eine Woche später, mit einer ausführlichen Pressemitteilung reagiert – und weist die Vorwürfe einer „Trickserei“ entschieden zurück. Trotzdem bleiben einige zentrale Fragen offen.
Worum geht es überhaupt?
Im Energie- und Technikpark in Trier-Nord errichten die Stadtwerke (SWT) ein hochspezialisiertes Probenzentrum für das Theater: drei Probebühnen (für Oper, Schauspiel, Ballett), Akustikausbau, Technik, Nebenräume, Fitnessbereich und Fundus. Die Stadt wird das Gebäude langfristig von der SWT-Immobilientochter mieten, über Jahrzehnte und im Volumen deutlich oberhalb einer halben Million Euro pro Jahr – mit vertraglich vereinbarter Steigerung.
Brisant ist weniger die Frage, ob das Theater Proben- und Werkstatträume braucht – das ist unstrittig. Streitpunkt ist das Wie:
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Der Trierer Stadtrat hat offenbar nie explizit darüber entschieden, dass genau diese Halle in genau diesem Umfang und zu diesen Konditionen gebaut und 25 Jahre gemietet werden soll.
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Erst nachdem der Volksfreund das Thema öffentlich gemacht hatte, kündigte die Stadt an, der Rat solle im Dezember nun doch noch über Bau und Anmietung entscheiden.
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Parallel wächst das Gesamtvolumen: Zusammen mit der ohnehin teuren Theatersanierung kratzt das Projekt inzwischen an der 100-Millionen-Grenze und darüber.
Was wirft der Volksfreund vor?
Die Recherche des Volksfreunds verdichtet sich im Wesentlichen zu drei Vorwürfen:
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Stadtrat zu wenig beteiligt
Die Entscheidungen zu Bau und langfristiger Anmietung seien im kleinen Kreis – OB, Dezernenten, Stadtwerke – vorbereitet worden. Ein klarer, früher Baubeschluss inklusive Mietkonditionen durch den Rat fehle bislang. Politisch gesprochen: Der Rat hinkt hinterher, statt die Linie vorzugeben. -
Intransparente Mietkosten
Durch das System der inneren Leistungsverrechnung (Einheitsmiete für alle Ämter) sei im Haushalt nicht auf einen Blick erkennbar, was das Theater die Stadt tatsächlich kostet – insbesondere, wenn externe Mieten über verschiedene Ämter und Kostenstellen verteilt werden. Das erwecke den Eindruck, echte Belastungen würden „weich gezeichnet“. -
Umgehung von Wertgrenzen und Zuständigkeiten
Angesichts der Größenordnung – Baukosten im zweistelligen Millionenbereich, 25 Jahre Mietbindung – steht im Raum, dass die Grenze der Entscheidungskompetenz des Oberbürgermeisters überschritten sein könnte und von Anfang an ein Ratsbeschluss nötig gewesen wäre. Ob das formaljuristisch so ist, müssen am Ende Rechtskontrolle und ggf. ADD beurteilen – politisch ist der Vorwurf aber da.
Was sagt die Stadt dazu?
In ihrer Pressemitteilung vom 2. Dezember versucht die Stadt, diese Vorwürfe zu entkräften und ein anderes Bild zu zeichnen:
„Wir setzen nur Beschlüsse um“
OB Leibe verweist auf einen Grundsatzbeschluss des Stadtrats aus dem Jahr 2013: Der Erhalt des Theaters als Dreispartenhaus sei damals beschlossen worden, inklusive definiertem Raumbedarf. Die jetzigen Maßnahmen – Sanierung am Augustinerhof, Auslagerung der Werkstätten und Proben – seien Umsetzung dieser alten Weichenstellung, nicht eigenmächtige Sonderwege.
Einheitsmiete ist Standard, kein Theatertrick
Das System der Internen Leistungsverrechnung (ILV) mit einer Einheitsmiete für alle Ämter bestehe seit 2013 und gelte für die gesamte Verwaltung – unabhängig davon, ob man in städtischen oder angemieteten Gebäuden sitzt. Ziel sei, Nutzerämter nicht zu benachteiligen, nur weil sie zufällig in gemieteten Immobilien untergebracht sind. Das Theater werde also nicht „versteckt“, sondern wie alle anderen behandelt.
Warum bauen die Stadtwerke?
Die Einbindung der SWT sei strategisch gewollt und seit Jahren Praxis:
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Die Stadtwerke könnten schneller und flexibler bauen und teilweise selbst ausführen.
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Im ETP werde vorhandene Bausubstanz umgenutzt, was als nachhaltiger als ein kompletter Neubau dargestellt wird.
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Probenzentrum und Werkstätten liegen räumlich nah beieinander, was Logistik und Verkehr reduziert.
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Die CO₂-neutrale Energieversorgung des ETP wird als weiterer Pluspunkt genannt.
Dass der OB gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der SWT ist, sei kein Hinweis auf verdeckte Einflussnahme, sondern folge schlicht aus seinem Amt. Der Stadtrat sitze zudem in den Kontrollgremien der Stadtwerke.
Heikler Punkt: fehlender Ratsbeschluss
Zur Frage, warum es bislang keinen klaren Beschluss des Stadtrats zur Anmietung der Probebühnen gibt, bleibt die Stadt vage: Man habe dazu intern recherchiert und wolle das Thema zunächst den städtischen Gremien erläutern. Eine öffentliche, juristisch sauber aufbereitete Antwort steht noch aus.
Ein strukturelles Transparenzproblem
Über den konkreten Fall hinaus deutet der Streit auf ein grundsätzliches Defizit hin: Die wahren Kosten des Theaters sind für Außenstehende kaum nachvollziehbar.
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Wie hoch ist der jährliche städtische Zuschuss für das Theater – inklusive aller Mieten, Nebenkosten, internen Verrechnungen und Stadtwerke-Konstruktionen?
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Wie hoch ist der Zuschuss pro Besucher tatsächlich – und wie setzen sich die Besucherzahlen zusammen (Vollzahler, Ermäßigte, Schulklassen, Freikarten)?
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Wie viel wird Ticketing und Programm faktisch subventioniert, jenseits der reinen Betriebsmittel?
Solche Kennzahlen werden – wenn überhaupt – nur punktuell kommuniziert und nicht in einer verständlichen Gesamtrechnung aufbereitet. In Kombination mit Einheitsmiete, ausgelagerten Bauprojekten und komplexen Vertragskonstruktionen entsteht der Eindruck: Wer wissen will, was das Theater die Stadt wirklich kostet, muss sich mühsam durch mehrere Ebenen wühlen.
Für ein Projekt dieser Größenordnung ist das mindestens unglücklich, zumal die Stadt gleichzeitig offensiv mit der kulturellen und volkswirtschaftlichen Bedeutung des Hauses argumentiert.
Einordnung: Was ist plausibel – und was bleibt problematisch?
Vieles, was die Stadt vorträgt, ist in sich schlüssig:
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Ein ILV-System mit Einheitsmiete ist kein exotischer Trick, sondern in vielen Kommunen gängige Steuerungslogik.
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Die Einbindung der Stadtwerke als Bauherr ist ebenfalls kein Trierer Sonderfall, sondern ein häufig genutztes Instrument, um Know-how und Strukturen eines kommunalen Unternehmens zu nutzen.
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Nachhaltigkeitsargumente (Umnutzung, CO₂-neutrale Versorgung, weniger Transporte) sind ernst zu nehmen und nicht bloß PR.
Gleichzeitig bleiben zentrale Kritikpunkte stehen:
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Demokratische Beteiligung
Ein Projekt mit zweistelligen Millionenbeträgen plus jahrzehntelanger Mietbindung gehört früh und klar auf die Tagesordnung des Stadtrats. Auch wenn formal vieles im Rahmen der Verwaltungskompetenz abwickelbar ist: Politisch wirkt es fatal, wenn der Rat den Eindruck hat, erst auf Druck der Öffentlichkeit im Nachhinein „abnicken“ zu sollen, was längst auf den Weg gebracht wurde. -
Transparenz für Öffentlichkeit und Rat
Haushaltssystematik hin oder her: Wenn selbst Fachpolitiker und Journalisten lange recherchieren müssen, um Mieten, Zuschüsse und Risiken zu verstehen, ist das für Bürgerinnen und Bürger faktisch intransparent. Wer regelmäßig zweistellige Millionenbeträge in ein Haus steckt, muss Zahlen und Modelle so erklären, dass sie auch außerhalb von Kämmerei und Verwaltungskreisen nachvollziehbar sind. -
Rollenvermischung Stadt / Stadtwerke
Dass die strategische Linie „SWT bauen, Stadt mietet“ bewusst gefahren wird, mag sachliche Gründe haben. Gleichzeitig nährt die Kombination aus OB als Verwaltungschef und SWT-Aufsichtsratsvorsitzender, wirtschaftlicher Verflechtung und politisch nur bedingt sichtbarer Vorabentscheidungen das Misstrauen. Rein rechtlich mag vieles sauber sein – politisch ist die Optik schwierig.
Was bleibt?
Niemand bestreitet ernsthaft, dass das Theater Probenräume braucht und die Sanierung überfällig ist. Der Konflikt in Trier dreht sich nicht um die Frage, ob Kultur gefördert werden soll, sondern wie transparent und demokratisch man mit dreistelligen Millionenbeträgen umgeht.
Die Stadt kann mit ihrer Stellungnahme einige technische Vorwürfe einhegen. Den zentralen Eindruck aber – dass wesentliche Entscheidungen zu spät, zu intransparent und zu sehr im kleinen Zirkel vorbereitet wurden – hat sie bislang nicht wirklich entkräftet.
Solange der Stadtrat keine klaren, öffentlichen Antworten auf die Fragen nach Verträgen, Gesamtkosten und Zuständigkeiten bekommt, bleibt der Verdacht bestehen: Beim Theater wird nicht nur geprobt, sondern auch politisch mehr inszeniert als offengelegt.


















„Der Etat kratzt an der die 100 Millionen…“, eigentlich eine unglaubliche Summe für eine sehr kleine Gruppe die regelmäßig ins Theater geht, zum Glück sind die Schulen sowie die gesamte Infrastruktur in Trier in einem top Zustand und Schulden hat man wohl auch keine, man weiß einfach nicht mehr wohin mit dem Steuergeld der Bürger
…sonst könnte man sich das nicht leisten….
Wieso wird dieses Millionengrab nicht einfach dicht gemacht?
Das Geld wäre viel besser im Sozialwesen oder der Jugendförderung aufgehoben.
Aber nein – die selbst ernannte „Elite“ (R/G/L) braucht Unterhaltung abseits der normalen Medien.
Ausserdem brauchen ja die armen Luxemburger ein von den Trierern ein bezuschusstes Theater.
Alles nur ein Sumpf. Tarnen, tricksen, täuschen. SWT kann also selber viel machen, ja klar. Sowas soll dann Ungereimtheiten rechtfertigen? Und alle machen munter mit. Kulturdezernent, SWT-Vorstand, Stadtrat,…
für nix ist Geld da, aber für s Theater, für Mülltonnen(8k Stück), für sinnlose Radwege, da wird rausgeballert ohne Grenzen.
Eine absolute Schande.
Ich Wette das Ende der Kosten ist noch lange nicht erreicht.
Wie viele Arbeitsplätze, Infrastruktur, Schulen etc hätte man von dem Geld schaffen/ Sanieren können?
Wie kann man solche Prioritäten hinter ein Theater stellen!?
Stoppt diesen Größenwahn!!
Offenbar hat Trier so viel Geld übrig, dass man es lieber im Theater versenkt, statt marode Schulen oder echte Probleme anzugehen. Transparenz spielt dabei natürlich nur eine Nebenrolle – Hauptsache, das Prestigeprojekt glänzt. Wenn Geldverschwendung eine Kunstform wäre, hätte die Stadt längst den Kulturpreis verdient. Ich finde das schlicht unerträglich.