„Eine Trierer Herzensangelegenheit“: Sanierung des Kreuzgangs von St. Matthias biegt auf die Zielgerade

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In den Bauplan vertieft: Architekt Karl Feils, Abt Ignatius Maaß und der ehemalige Trierer Oberbürgermeister und Kuratoriumsvorsitzende Helmut Schröer (v.l.n.r.). Foto: Alexander Scheidweiler

TRIER. In der Benediktinerabtei St. Matthias biegt das Mammutprojekt der Sanierung des frühgotischen Kreuzgangs auf die Zielgerade. Bis zum Herbst. Soll der Nordflügel eine neue Dachkonstruktion erhalten. Laut Architekt Karl Feils handelt es sich um „mehr als ein Dach“, für den ehemaligen Trierer OB Helmut Schröer ist die Sanierung „eine Trierer Herzensangelegenheit“ und Abt Ignatius Maaß freut sich über einen Raum mit besonderer Atmosphäre, der neue Möglichkeiten eröffnet.

Von Alexander Scheidweiler

Seit gut zehn Jahren läuft in der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier die „Großbaumaßnahme Kreuzgang“, so Abt Ignatius Maaß bei einem Pressetermin am heutigen Donnerstag, die jetzt mit der Sanierung des Nordflügels des frühgotischen Bauwerks in die letzte Phase eintritt. Nach der Planung im vergangenen Jahr starteten die Bauarbeiten für diese letzte Phase Anfang Januar. Dabei geht es v.a. um die Neugestaltung bzw. Ersetzung des provisorischen Daches, das 1958 zur Heilig Rock-Wallfahrt im darauffolgenden Jahr notdürftig auf gemauerten Ziegelstützen errichtet wurde und nur für wenige Jahre gedacht war.

Der Nordflügel des Kreuzganges ist eingerüstet. Foto: Alexander Scheidweiler

Indes hält bekanntlich nichts so lange wie ein Provisorium: 65 Jahre liegt die bewusste Wallfahrt nun zurück, doch das inzwischen marode Notdach steht immer noch. Nachdem bereits der West-, Süd- und Ostflügel saniert wurden, ist allerdings jetzt auch für den Nordflügel eine durchdachte und dauerhafte Lösung in Sicht: Eine leichte Stahlkonstruktion mit schlanken Zwillingsstützen und einem etwas flacher geneigten Dach wird das Provisorium aus der Adenauer-Ära ersetzen. Bis zum Herbst soll die Maßnahme abgeschlossen sein.

Notwendig war das Notdach deshalb geworden, weil der Kreuzgang im Rahmen der Säkularisierung abgerissen worden war, wie Abt Ignatius erläutert. 1802 wurde die Abtei säkularisiert, drei Jahre später erfolgte die Zerstörung des Kreuzgangs, so dass es keine bauliche Verbindung zwischen dem Klostergebäude und der Basilika mehr gab. Nun werde das Notdach endlich durch „ein praktisches und schöneres Dach“ ersetzt, freute sich der Abt.

Karl Feils erläutert das Bauvorhaben vor Ort. Foto: Alexander Scheidweiler

Durch die Sanierung sei der Kreuzgang „nicht nur ein geschützter Gang, wo man vor Regen sicher ist, wenn man von A nach B muss“, sondern bilde einen Raum mit besonderer Atmosphäre. Die Sanierung werte den Kreuzgang somit auf und gebe der Mönchsgemeinschaft die Möglichkeit, den Kreuzgang für Gäste und Pilger zu öffnen: So ist der Kreuzgang jeweils am 17. März, 16. Juni, 29. September und 27. Oktober von 15.30 Uhr bis zur Vesper um 18.00 Uhr geöffnet, am 28. April und 18. August gibt es im Rahmen von „Orgel und Kreuzgang“ von 15.30 bis 16.00 Uhr Orgelmusik in der Basilika, anschließend ist der Kreuzgang ebenfalls bis zur Vesper um 18.00 Uhr geöffnet. Mittlerweile gebe es Besucher, die regelmäßig zum „Offenen Kreuzgang“ in die Abtei kommen, sagte Abt Ignatius Maaß. Eine Anmeldung ist dafür nicht erforderlich.

Der Abt wies zudem darauf hin, dass eine Besonderheit des Mattheiser Kreuzgangs in den Kapitellen besteht, in denen der Bildhauer Willi Hahn in den 50er-Jahren zahlreiche biblische Geschichten in Stein gemeißelt hat. Auf insgesamt 38 Kapitellen hat der 1920 in Saarbrücken geborene und 1995 in Trier gestorbene Künstler jeweils eine Episode aus dem Alten und eine aus dem Neuen Testament dargestellt. Die Abtei hält für die Besucher einen Laufzettel bereit, mit dem man die steingewordenen Erzählungen entdecken kann, was von den Besuchern rege angenommen werde. „Es ist toll, dass unser Kreuzgang nicht nur ein schöner Raum ist, sondern auch ‚spricht‘“, so der Abt über die steinerne Bilderbibel von St. Matthias.

Auf dem Gerüst wird eifrig gearbeitet. Foto: Alexander Scheidweiler

Helmut Schröer, ehemaliger Oberbürgermeister von Trier und Vorsitzender des Kuratoriums der St. Matthias Stiftung, fügte hinzu, St. Matthias sei viel mehr als eine Kirche, St. Matthias sei „ein Stück Trier“, die Sanierung des Kreuzgangs daher „eine Trierer Herzensangelegenheit“. Man habe dies besonders am großen Interesse an den Tagen der offenen Tür gespürt – der nächste findet übrigens am 6.7. dieses Jahres statt. Aber auch die großzügige Spendenbereitschaft, mit der die Trierer Bevölkerung die Sanierung unterstützt hat, zeuge von dem großen Interesse. 4,3 Millionen kostet das Gesamtprojekt, eine gewaltige Summe, davon entfallen gut 800.000 Euro allein auf die laufende Sanierung des Nordflügels. Ein Eigenanteil von 250.000 Euro musste eingebracht werden.

Zu stemmen war das Mammutprojekt nur durch Bundes- und Landeszuschüsse, die sich dem Umstand verdanken, dass es sich bei St. Matthias um „ein nationales Kulturdenkmal“ handelt, erklärte Schröer. Auch das Bistum habe sich großzügig beteiligt. Dennoch bleibt das Projekt weiterhin auf private Spenden angewiesen: Genau will Schröer die Summe nicht beziffern, doch ein niedriger sechsstelliger Betrag fehle noch. Man sei zuversichtlich, dass dieser durch die hohe Spendenbereitschaft der Triererinnen und Trierer aufzubringen sei. „Es ist so viel, dass wir noch Spenden brauchen, aber nicht so viel, dass es nicht möglich wäre“, ergänzte Abt Ignatius salomonisch.

Darstellung der Arche Noah von Willi Hahn auf einem Kapitell. Foto: Alexander Scheidweiler

Schröer machte deutlich, dass bei Veranstaltungen dem Umstand Rechnung getragen werden muss, dass der Kreuzgang Teil des Klosters ist. Dennoch werde man auch in Zukunft Veranstaltungsformen finden, die der besonderen Qualität des Ortes als Teil des klösterlichen Bereiches entsprechen, damit die Trierer „ihren Kreuzgang sehen können“. Die Sanierung des Kreuzganges komme der ganzen Stadt zugute: „Das ist wie ein Geschenk, das hier jetzt entstanden ist. In der Struktur der Stadt ist ein weiterer Fixpunkt entstanden“, sagte Schröer.

Im Kreuzgang selbst wird schon eifrig am Abbruch des eingerüsteten Notdachs gearbeitet. Arbeiter sind auf dem Gerüst tätig, ein Kran hievt das Abbruchmaterial über den Ostflügel aus dem Innenhof heraus. „Das, was wir hier bauen, ist mehr als ein Dach“, sagt Architekt Karl Feils. Es gehe vielmehr auch um Denkmalpflege: Was hier gebaut werde, sei „elementarer Bestandteil“ des Erhalts der historischen Bausubstanz. „Man weiß aus der Denkmalpflege: Es ist kaum etwas schwieriger zu erhalten als eine Ruine“, so Feils. Die Anerkennung des denkmalpflegerischen Charakters der Baumaßnahme sei auch die Voraussetzung der Förderung durch den Bund gewesen.

Besuch Marias bei Elisabeth. Foto: Alexander Scheidweiler

Die Durchführung ist diffizil: Alle Materialien müssen mit dem Kran in den Innenhof gehoben werden, über dem im Abbruch befindlichen Notdach musste ein Wetterschutzdach errichtet werden, unter dem denkmalpflegerische Arbeiten durchgeführt und das neue Dach errichtet werden können. Wie schon beim Südflügel sollen bauforscherliche Untersuchungen die komplexe Architekturgeschichte des Kreuzganges erhellen.

Schlanke Stahlstützen werden die neue Überdachung tragen. Sie werden dort platziert, wo die ursprünglichen Pfeiler standen, die sich nur im ersten und im siebten Joch erhalten haben. Durch eine „behutsame Ergänzung“, die statischen Notwendigkeiten Rechnung trägt, können diese bewahrt und in die neue Konstruktion integriert werden. Die Überdachung selbst werde aus einer sehr leichten Konstruktion bestehen, „wie eine Membran“, so Feils, nur eben nicht durchsichtig.

Der fertige Nordflügel im Modell. Foto: Archiv Abtei St. Matthias

Bei der Sanierung handelt es sich somit nicht um eine Rekonstruktion, und zwar ganz bewusst nicht: „Wenn man sich ganz intensiv damit beschäftigt, ist es unglaublich, wie verschiedenartig in den verschiedenen Bauphasen gebaut wurde“, führt Feils aus. Das Ganze des Kreuzgangs wirke zwar wie ein organisches Ganzes, im Detail zeigten sich dem Fachmann aber beachtliche Unterschiede: „Das nimmt das Auge nicht wahr, aber im Hintergrund spürt man vielleicht, dass diese Lebhaftigkeit gerade den Reiz ausmacht.“ Vor diesem Hintergrund gäbe es auch gar keinen Ansatzpunkt für die Rekonstruktion eines bestimmten Zustandes. Dieser wäre lediglich der Versuch, „aus Phantasie irgendwelche Rippen“ zu bauen, sagt Feils. Man zeige vielmehr „das, was vorhanden ist, als Teil der Geschichte“, markiere aber den Unterschied zwischen alt und neu. Zudem werde die schlanke Konstruktion einen schönen Blick auf die Südfassade freigeben, so der Architekt abschließend.

Wer die Sanierung unterstützen möchte, kann dies über die Spendenkonten der St. Matthis Stiftung tun (Sparkasse Trier: IBAN DE89 5855 0130 0000 4985 19, Volksbank Trier: IBAN DE21 5856 0103 0001 3710 06, Pax-Bank Trier DE30 3706 0193 3013 9080 19).

Weitere Informationen unter https://abteistmatthias.de/.

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