Trierer OB Leibe vor Flut-U-Ausschuss: «Menschen haben kein Gefühl mehr für Gefahren»

Im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe geht es um die Stadt Trier und Umgebung. Anders als im Kreis Ahrweiler sind dort bei dem Unwetter Mitte Juli 2021 keine Menschen gestorben. Und der OB half bei der Evakuierung mit.

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Foto: dpa/Britta Pedersen

MAINZ. Das Bewusstsein für Gefahren wie das Hochwasser Mitte Juli ist der Gesellschaft nach Einschätzung des Trierer Oberbürgermeisters Wolfram Leibe verloren gegangen. «Die Menschen haben kein Gefühl mehr für Gefahren», sagte der SPD-Politiker am Freitag im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe des Landtages in Mainz.

Die Evakuierung in Trier-Ehrang habe bei dem Hochwasser am 15. Juli um kurz vor neun Uhr begonnen. «Viele Menschen haben diese Warnung nicht wahrgenommen, obwohl wir von Haus zu Haus gelaufen sind», berichtete der OB im Landtag. Mancher habe dann später mit einem Radlader aus dem Dachgeschoss in Sicherheit gebracht werden müssen. Das Argument sei immer wieder gewesen: «Schon meine Oma hat gesagt, das Wasser kommt nicht zu uns», berichtete Leibe. Sieben Stunden vor der Evakuierung seien die Menschen von der Feuerwehr mit Lautsprechern informiert worden, dass eine solche Maßnahme möglich werden könne.

Die Flutwelle habe den Stadtteil Ehrang am 15. Juli gegen zehn Uhr erreicht, berichtete der Beigeordnete der Stadt Trier, Andreas Ludwig, im Untersuchungsausschuss. Wegen starken Hochwassers im Mosel-Nebenfluss Kyll waren bei der Flutkatastrophe in Trier und Umgebung Tausende Menschen in Sicherheit gebracht worden. Auch ein Krankenhaus musste evakuiert werden; Tote und Verletzte gab es nicht.

«Wir haben im Vorfeld natürlich sämtliche Warnungen gehabt», sagte Leibe. Unklar sei lange Zeit aber gewesen, welchen der fünf Flüsse im Stadtgebiet es treffen könnte. «Ab 15 Uhr am 14. war klar, dass das Problem eher über die Kyll kommt und nicht über die anderen Gewässer.»

Der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Andreas Kirchartz beschrieb den Warnplan für die Stadt Trier: Das Sirenennetz sei zwar am Ende des Kalten Kriegs abgebaut worden, es gebe aber verschiedene Lautsprecheranlagen und es sei genau festgelegt, welche Straßen in welchem Stadtteil abgefahren werden müssten und auch der entsprechende Text für die Durchsagen hinterlegt. Leibe lobte die Arbeit der Berufsfeuerwehr und des Krisenstabs. «Die Chance für mich als OB ist, dass ich mich auf Profis verlassen kann. Deshalb war alles vorberietet.» Notwendig sei jedoch mehr Unterstützung im Bereich der Hydrologie.

Das Stadtoberhaupt betonte auch, wie wichtig die Freiwillige Feuerwehr in Ehrang mit ihren Ortskenntnissen etwa über befahrbare Wege gewesen sei. «Die Entscheidung muss vor Ort getroffen werden.» Dass das Krankenhaus, das eigentlich als völlig sicher galt, evakuiert werden musste, sei auch ihm vor Ort klar geworden. «Wir haben das Wasser gerochen. Es bestand aus Heizöl und Scheiße.»

Im Kreis Ahrweiler waren bei der verheerenden Sturzflut Mitte Juli 134 Menschen ums Leben gekommen, eine weiterer Mensch starb im Kreis Bitburg-Prüm. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den damaligen Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und den ehrenamtlichen Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises. Der Untersuchungsausschuss will die Katastrophe aufklären.

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7 Kommentare

  1. Soweit ich informiert bin, gab es vier Tage vor der Katastrophe Warnungen einer europäischen Behörde, dass es mal wieder , wie alle Hundert Jahre, an der Ahr ein fürchterliches Hochwasser geben wird. Warum hat Frau Spiegel nicht gehandelt und die Leute an der Ahr in Sicherheit gebracht? 134 Tote und viele Verletzte sind nun durch ihr nicht Handeln zu beklagen. Und sie ist sich keiner Schuld bewusst. Und noch schlimmer, diese Katastrophe wird eiskalt dem „Klimawandel“ zugeordnet. Jeder kann nachlesen wie viele schlimme Hochwasser es an der Ahr immer wieder gab.

  2. Wo soll ein Gefühl für Gefahren entwickelt werden, wenn doch mittlerweile alles eine Gefahr ist? Jeden Tag werden die Verwaltungen in Deutschland mit Meldungen von Bürgern überschüttet, weil alles um sie herum eine Gefahr ist. Die Politiker sagen jegliche, auch noch so dämliche Prüfung des angeblichen Sachverhaltes zu und versprechen Verbesserungen, weil sie selbst keinen Bezug mehr zum normalen Leben haben und sich in einer anderen in sich geschlossenen Blase bewegen, in der der Normalo doch nur störend ist.

  3. Da fragt man sich natürlich warum der Katastrophenschutz bei uns ganz gut funktioniert hat und im Ahrtal überhaupt nicht !?

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