Glühwein-Trinker achten mehr auf Qualität

Regent oder Spätburgunder, Silvaner oder Morio-Muskat: Winzer sind dabei, das Image des Glühweins neu zu definieren. Neben den Weihnachtsmärkten nehmen Hersteller die Fußball-WM 2022 in den Blick.

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Harald Tittel // dpa

MAINZ/TRIER. Weniger süß soll er sein und nach heimischem Wein schmecken – Glühwein auf den Weihnachtsmärkten in Deutschland kommt, wie auf dem Weihnachtsmarkt in Trier, zunehmend direkt vom Winzer. Dort wird Glühwein schon seit Jahren regional von Winzern bezogen.

Auch wird in der Branche eine verstärkte Nachfrage nach weißem Glühwein beobachtet, allerdings regional durchaus unterschiedlich. «Wir haben einen Trend hin zu höherwertigen Glühweinen», sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim bei Mainz.

In der Vergangenheit bedienten sich nach Branchenangaben viele Standbetreiber auf Weihnachtsmärkten bei fertigen Glühweinen im Handel oder stellten aus einfachen Rotweinen aus Ost- oder Südeuropa eigene Glühweine her. Angaben zur Herkunft der Weine sind nicht erforderlich. Verboten sind Angaben zum Anbaugebiet oder einer bestimmten Lage. Zulässig sind aber geschützte Bezeichnungen wie «Nürnberger Glühwein» – zu den führenden Marktteilnehmern gehört die Gerstacker-Gruppe in der fränkischen Stadt. Das eigene Produkt entstehe «nach geheimer, alt-überlieferter Familienrezeptur», die auf Basis der Nürnberger Lebkuchen entwickelt worden sei.

Neben solchen großen Herstellern haben aber auch immer mehr Weinbaubetriebe damit begonnen, Glühwein herzustellen und in 30- oder 50-Liter-Behältnissen die Standbetreiber zu beliefern, wie Büscher beobachtet. Selbst Discounter hätten inzwischen Winzer-Glühwein im Angebot.

Während einige Stände sich mit Frucht- oder Spirituosenzusätzen von der Konkurrenz abzuheben versuchen, setzen andere auf die geschmacklichen Unterschiede der Rebsorten. Rote Glühweine aus Portugieser- oder Spätburgundertrauben seien eher gerbstoffarm, erklärt Büscher. «Wer es samtiger mag, nimmt Dornfelder oder Regent.» Stark im Kommen seien weiße Glühweine. Ohnehin schon besonders aromatische Sorten wie Gewürztraminer, Muskateller oder Morio-Muskat bringen bereits eine eigene, zum Glühwein passende Würze mit.

Der rheinhessische Winzer Meik Dörrschuck, der gut ein Viertel seiner Ernte für Glühwein verwendet und bundesweit sowie in Nachbarländer vertreibt, bevorzugt beim Roten die Rebsorte Regent. Wenn die Menge nicht ausreicht, kommt noch etwas Dornfelder dazu. Er verwendet höchstens 65 Gramm Rübenzucker je Liter Wein. Welche Gewürze sonst noch zu «Oma Trudes Hausrezept» – benannt nach seiner Mutter – gehören, verrät Dörrschuk nicht: «Das bleibt geheim.»

Weil das Weingesetz nur roten und weißen Glühwein kennt, darf ein heißer Rosé nicht so heißen, sondern muss sich mit dem sperrigen Begriff eines «aromatisierten weinhaltigen Getränks» begnügen. Winzer Dörrschuck vom Schlossgartenhof in Saulheim (Kreis Alzey-Worms) vermarktet diesen als «Heißherbst».

Nach einer Branchenschätzung werden in Deutschland rund 50 Millionen Liter Glühwein pro Jahr getrunken – pro Kopf der Bevölkerung sei das fast eine Flasche, sagt Büscher. Glühwein wird damit deutlich mehr konsumiert als Federweißer – dieses Saisonweingetränk kommt nur auf einen Absatz von sechs bis sieben Millionen Litern.

Die Saison geht von Ende Oktober bis Weihnachten. In dieser Zeit ist Dörrschuck ständig auf den Beinen. Am besten sei der Verkauf bei Temperaturen zwischen null und zehn Grad, sagt der Winzer. Schon jetzt nimmt er eine neue Chance für den Glühwein in den Blick: «Wir wissen, dass zur Fußballweltmeisterschaft im November und Dezember 2022 in Katar ein zusätzlicher Bedarf kommen wird.»

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