Trierer Bürgerservice stellt Insolvenzantrag – Alle Geschäftsbereiche werden fortgeführt

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Das Landgericht in Trier

TRIER. Die Trierer Bürgerservice GmbH hat heute beim Amtsgericht Trier einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Das gemeinnützige Unternehmen stellt damit die Weichen für eine Sanierung, Entschuldung und Fortführung des Betriebes mit aktuell 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Alle Geschäfts- und Qualifizierungsbereiche der Bürgerservice GmbH werden auch nach Stellung des Insolvenzantrages uneingeschränkt und unter der bisherigen Geschäftsführung mit Zustimmung des Insolvenzgerichts fortgeführt.

Der gemeinnützige sozialorientierte Bürgerservice besteht als GmbH bereits seit 1993 und nimmt sich vor allem der Menschen an, die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund mangelnder Qualifizierung, durch Langzeitarbeitslosigkeit oder Beeinträchtigungen und Behinderungen benachteiligt sind. Das Unternehmen befindet sich seit 2011 in einer ausgedehnten Restrukturierungsphase, die vor allem in der stetigen Kürzung arbeitsmarktpolitischer Mittel begründet liegt.

Bereits in der Vergangenheit wurden Betriebsstandorte in der Region aufgegeben und die Mitarbeiterzahl sozialverträglich um rund 200 Beschäftigte reduziert. Eine von der Gesellschafterin Stadt Trier im Jahr 2014 erstmals in der Unternehmensgeschichte geleisteten Zahlung in das Eigenkapital der Gesellschaft war zur nachhaltigen Stabilisierung, vor allem angesichts der aufgelaufenen Sanierungs- und Abwicklungskosten und der negativen Jahresergebnisse, nicht ausreichend.

Daher hat sich die Geschäftsführung noch vor Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit entschlossen, das Instrument eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zu beantragen und damit die Voraussetzung für eine dauerhafte Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebes zu schaffen. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung ermöglicht es dem Unternehmen, die weitere Restrukturierung selbst durchzuführen. Das Unternehmen wird dabei von der Trierer Sanierungsexpertin Christine Frosch des ortsansässigen Beratungshauses DHPG begleitet.

Die Beschäftigungs-, Service- und Beratungsgesellschaft mbH (BSB GmbH) ist als 100%-ige Tochter der Bürgerservice GmbH nicht vom Insolvenzantrag der Mutter betroffen und führt den Geschäftsbe-trieb unvermindert weiter.

Aktuelle Stimmen zum Insolvenzantrag in Eigenregie

Horst Schneider, Geschäftsführer des Trierer Bürgerservice: „Wir schreiben derzeit erstmals seit einigen Jahren wieder schwarze Zahlen. Es zeigt sich, dass unsere bisherigen Anstrengungen allmählich Früchte tragen und unser Geschäftsmodell tragfähig ist, auch und für die benachteiligten Men-schen, denen wir dauerhaft Beschäftigung anbieten. Das kann aber nur nachhaltig gelingen, wenn wir uns von Altverbindlichkeiten entlasten können. Daher haben wir uns entschlossen, diese besondere Form der sanierenden Insolvenz zu beantragen. Unsere Kunden brauchen sich um die Erledigung ihrer Aufträge keine Sorgen zu machen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden auch weiterhin motiviert und fachgerecht zu Werke gehen und das in das Unternehmen Bürgerservice und seine Leistungsfähigkeit gesetzte Vertrauen rechtfertigen.“

Gerhard Fuchs, Betriebsratsvorsitzender des Trierer Bürgerservice: „Insolvenz hört sich zunächst bedrohlich an. Selbstverständlich erhoffen wir uns, dass genau dieses Verfahren geeignet ist, die Anstrengungen der letzten Jahre zu einem positiven Abschluss zu bringen und die Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen zu sichern. Daher unterstützen wir den von der Geschäftsführung gestellten Antrag auch und gerade im Interesse der gesamten Belegschaft.“

Christine Frosch, Partnerin und Sanierungsexpertin bei der DHPG: „Der Trierer Bürgerservice leistet einen wichtigen Beitrag für den Arbeitsmarkt dieser Region. Die in der Vergangenheit eingelei-teten Maßnahmen zeigen bereits erste Wirkung. Nun gilt es, diesen Weg konsequent, unter Beteiligung aller Mitwirkenden, weiterzugehen und so die Entschuldung des Betriebes zu ermöglichen.“

„Die Stadt braucht den BÜS“ – Keine weiteren Finanzhilfen, aber Unterstützung für neuen Konsolidierungsprozess

Der Stadtrat hatte am Dienstagabend die wirtschaftliche Situation der gemeinnützigen Gesellschaft zur Integration Arbeitsloser mbh (BÜS) beraten und entschieden, dem Integrations- und Eingliederungsunternehmen keine weitere Unterstützung außerhalb eines formalen Planverfahrens zu kommen zu lassen. Im Gespräch waren eine Finanzspritze in Höhe von 1,8 Millionen Euro sowie der Ankauf des BÜS-Betriebsgrundstücks durch die Stadt zum Preis von 4,5 Millionen Euo. Stattdessen soll der BÜS über ein sogenanntes Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung erhalten und nachhaltig saniert werden. Nach Einschätzung von Rat und Verwaltung bestehen hierzu gute Chancen.

„Mit einer eigenverantwortlichen Insolvenz werden gute Voraussetzungen für eine Fortführung des Unternehmens geschaffen“, bekräftigten Oberbürgermeister Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Angelika Birk, zugleich Triers Sozialdezernentin, die Bedeutung des BÜS für die Stadt. Beide hatten sich in den zurückliegenden Wochen intensiv mit der Frage beschäftigt, wie dem BÜS am besten und auf Dauer geholfen werden kann, die momentanen Finanzschwierigkeiten zu überwinden.

„Der BÜS macht einen tollen Job, aber es fehlt langfristig an Liquidität“, umschrieb OB Leibe das Dilemma. Der jetzt einzuschlagende Weg eröffne am ehesten günstigste Perspektiven, zumal es Anzeichen für eine wirtschaftliche Stabilisierung gebe. Birk und Leibe stellten klar, auf den BÜS nicht verzichten zu wollen. Er habe sich mit großen Erfolgen vor allem um die Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsprozess verdient gemacht. „Der BÜS hat in der Vergangenheit gezeigt, wie wichtig seine Funktion im kommunalen Sozialsystem ist“, so Birk. Man werde als Stadt im Rahmen der politischen Gestaltungsmöglichkeiten alle Unterstützung leisten, um das Unternehmen fortführen zu können.

Der BÜS war, nicht zuletzt aufgrund vielfach geänderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, in jüngster Zeit trotz verschiedener Sanierungsschritte in Schwierigkeiten geraten. Mit einer Kapitalzuführung im April letzten Jahres von zwei Millionen Euro durch die Stadt, die mit 49 Prozent am BÜS beteiligt ist, konnte der negativen bilanziellen Entwicklung des Unternehmens nur bedingt entgegengewirkt werden. Das ablehnende Votum des Rates für eine neuerliche Finanzzuweisung beinhaltet zugleich die Aufforderung an die Stadt Trier als Gesellschafterin, den „weiteren Prozess mit dem Ziel des Fortbestands des Unternehmens aktiv zu unterstützen“.

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