Badespaß in Corona-Zeiten: «Wenn der erste Schreckmoment rum ist, läuft das eigentlich.»

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Ralf Hirschberger / dpa-Archiv

RLP. Sommer, Sonne, Schulferien: Viele Rheinland-Pfälzer stürzen sich wieder ins Freibad. Doch in diesem Corona-Jahr ist vieles anders: Abstand halten, im Kreis schwimmen, mit Maske in die Toilette. Und nicht zu spät kommen: Die Besucherzahlen sind meist stark beschränkt.

Schwimmen nur im Kreis und im Einbahnverkehr: Mit dieser ungewöhnlichen Regel reagieren zahlreiche Freibäder in Rheinland-Pfalz auf das hochansteckende Coronavirus. Damit soll der landesweit vorgeschriebene Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Badegästen auch im Wasser gewahrt werden. «Das wird von den Leuten super angenommen. So kann problemlos geschwommen werden», sagt beispielsweise Schwimmmeister Kevin Joost im Freizeitbad VALLENDAR bei Koblenz.

Jeweils maximal 300 Besucher dürfen hier in zwei Zeitfenstern vormittags und nachmittags kommen. Dazwischen wird desinfiziert. Früher waren es laut Joost an schönen Sommertagen 2000 bis 3000 Gäste, im Extremfall sogar bis zu 5000 Besucher. Auch sehr viele andere Schwimmbäder in Rheinland-Pfalz beschränken im Sinne der Mindestabstände ihre Besucherzahl. Die Eintrittspreise bleiben vielerorts gleich.

Anderen Freibädern machen die Coronaregeln dagegen so schwer zu schaffen, dass sie in dieser Saison gar nicht erst öffnen, wie etwa laut den Betreibern das Freibad Ruwertal in MERTESDORF bei Trier, das Kylltalbad in KORDEL im Kreis Trier-Saarburg und das Schwimmbad in Duttweiler, einem Stadtteil von NEUSTADT an der Weinstraße.

Der Landesvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister, Michael Schreiner, erwartet die eigentliche Herausforderung für die Bäder erst bei noch mehr Andrang bei Bilderbuchwetter nach dem Start der Schulferien an diesem Freitag. «Im Schwimmerbereich sind die meisten Gäste einsichtig», sagt er. In den Freizeitbecken mit planschenden Kindern und Jugendlichen müsse dagegen wohl mehr darauf geachtet werden, dass sie nicht zu voll würden.

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) warnt davor, auf große Flüsse und Baggerseen ohne Badeaufsicht auszuweichen. 2019 seien 9 und im Hitzejahr 2018 sogar 22 Menschen in Rheinland-Pfalz ertrunken, sagt DLRG-Sprecher Marco Vogt. Rhein und Mosel seien mit ihren Strömungen, Strudeln und Schiffen zu gefährlich zum Schwimmen. Das gelte auch für Baggerseen, wo Bauwerke und Felsen unter Wasser lauern könnten und ebenfalls Beckenränder zum Ausruhen fehlten.

Erst kürzlich waren beim hessischen TREBUR (Kreis Groß-Gerau) ein fünfjähriger Junge und seine Mutter (30) im Rhein ertrunken. Auch nach der Entdeckung der Leiche eines 56-Jährigen in einem Weiher in LUDWIGSHAFEN geht die Polizei von einem Badeunfall aus.

Seit dem 27. Mai dürfen die Freibäder in Rheinland-Pfalz wieder öffnen. Badegäste müssen ihre Kontaktdaten für eine Nachverfolgung möglicher Infektionsketten angeben. In bestimmten Bereichen kann es eine Maskenpflicht geben.

Timo Steffen vom Bundesverband Deutscher Schwimmmeister in Rheinland-Pfalz sagt: «In Schwimmbädern von touristischen Hotspots wie COCHEM an der Mosel muss das Personal mehr durchgreifen.» Hier kämen zum Beispiel zahlreiche Niederländer von den Campingplätzen, denen die Maskenpflicht weniger vertraut sei.

Im Freizeitbad VALLENDAR sagt Badegast Juliane Schulz: «Ich bin hier mit einer Freundin und vier Kindern insgesamt. Wir freuen uns, dass das Bad überhaupt geöffnet ist.» Die Schließung der Wasserrutsche zur Gewährleistung der Mindestabstände sei zu verschmerzen. «Die beiden Becken hier sind ja sehr groß, da ist genug Platz für alle.»

In TRIER ist im Nordbad und im Südbad bei schönem Wetter bereits mehrmals die festgelegte Kapazitätsgrenze erreicht worden, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Pech für die, die zu spät kommen, Glück für die, die schon drinnen sind: Auf den Liegewiesen und in den Becken etwa im Südbad ist laut einem Stadtsprecher stets genug Platz, um sich aus dem Weg zu gehen und trotzdem Spaß im Wasser zu haben. «Der Badebetrieb funktioniert insgesamt reibungslos. Die überwiegende Zahl der Badegäste zeigt bisher Verständnis für die aktuelle Situation und hält sich an die vorgegebenen Regelungen», sagt der Sprecher. Zahlreiche Freibäder in Rheinland-Pfalz setzen inzwischen auf Online-Reservierung, um Schlangen an der Kasse zu verhindern oder zu verkürzen. Wer sich in der digitalen Welt nicht auskennt, kann sich zum Beispiel in TRIER an die Internetlotsen des Seniorenbüros wenden, wie der Stadtsprecher mitteilt.

Um die Überwachung der Corona-Regeln einzuhalten, brauchen etliche Schwimmbäder mehr Personal. Das Freizeitbad in VALLENDAR beispielsweise wird nach eigenen Angaben von Mitarbeitern des Ordnungsamts unterstützt. In TRIER springen laut dem Stadtsprecher Mitarbeiter der Stadtwerke Trier ein, deren Hallenbad zunächst geschlossen bleibe. Im Freibad in ANDERNACH, wo ebenfalls Kreisschwimmen angesagt ist, «haben wir extra zwei Security-Leute angestellt, um im Kassenbereich auf die Abstände zu achten, das ist das einzige Nadelöhr», sagt ein Stadtsprecher.

Der Landesvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister, Schreiner, sagt, mehr Personal und weniger Gäste wegen der Corona-Beschränkungen führten zwangsläufig zu einer Vergrößerung der Defizite der Freibäder: «Deutlich mehr Ausgaben stehen weniger Einnahmen gegenüber.» Die Gäste im Felsland Badeparadies im pfälzischen DAHN, wo er als Schwimmmeister arbeite, seien gleichwohl dankbar, «dass wir ihnen ein Stück Normalität zurückgeben».

Manche Kommunen öffnen aber ihre Freibäder dieses Jahr nicht mehr. Zum geschlossenen Kylltalbad in KORDEL im Kreis Trier-Saarburg teilt der Verbandsgemeinderat Trier-Land mit, wegen der Corona-Auflagen müssten hier mindestens drei Security-Mitarbeiter in der Saison beschäftigt werden, mit Mehrkosten von rund 7600 Euro pro Woche. Hinzu kämen kostenintensive Vorbereitungen zur Öffnung des Bades mit Wegekonzept und neuem Ausgang. Für die Umsetzung aller Maßnahmen seien zusätzliche Kosten von rund 80 000 Euro ermittelt worden.

Auch im wieder geöffneten Freibad in WORMS gebe es «einen erheblichen Personalaufwand», sagt eine Sprecherin der städtischen Freizeitbetriebe. Abstand halten und nur in eine Richtung schwimmen – das klappe hier gut. «Natürlich muss man auch mal erinnern, das ist aber kein Problem», ergänzt sie. «Viele Familien sind auch dankbar, dass es die Regeln gibt.»

Im Freibad im rheinhessischen ALZEY hätten viele Gäste zu Saisonbeginn noch einen normalen Betrieb ohne Corona-Regeln im Kopf gehabt, sagt ein Mitarbeiter. «Wenn der erste Schreckmoment rum ist, läuft das eigentlich.»

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