Hunderte Krankenhausmitarbeiter demonstrieren auf Trierer Hauptmarkt

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Mehrere Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen, dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier und dem Ökumenischen Verbundkrankenhaus haben mit mehr als 300 Luftballons auf ihren Protest gegen die Krankenhaus-Reform aufmerksam gemacht. Alle Ballons wurden anschließend zusammen mit klarer Botschaft zur Krankenhaus-Reform nach Berlin geschickt. Text: "So nicht!" Foto: Bettina Leuchtenberg

TRIER. „Krankenhäuser brauchen nicht die vom Bundestag geplante Krankenhaus-Reform, sondern eine Krankenhaus-Reform, die wirklich hilft, die bestehenden Finanzierungsprobleme zu lösen.“ Dies ist das Signal, das die drei Trierer Krankenhäuser geschlossen nach außen geben. Am heutigen Mittwoch versammelten sich mehrere hundert Mitarbeiter aus dem Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen, dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier und dem Ökumenischen Verbundkrankenhaus in ihrer Berufskleidung im Zentrum von Trier zu einer „aktiven Mittagspause“, um ihren Protest kundzutun.

Trotz steigender Gesundheitsausgaben haben 2013 mehr als 42 Prozent der 2000 Krankenhäuser in Deutschland rote Zahlen geschrieben. Der am 28. April 2015 vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegte Referentenentwurf für ein Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) ist am 10. Juni 2015 vom Bundeskabinett unverändert verabschiedet worden. Er wird bis Herbst 2015 im Bundestag und Bundesrat sowie verschiedenen Ausschüssen beraten und soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Aus Sicht der Krankenhäuser beinhaltet diese Kabinettsfassung sehr nachteilige Regelungen für die Krankenhäuser, die dringende Nachbesserungen erforderlich machen. Die wesentlichen Probleme – wie die seit Jahren mangelhafte Investitionsfinanzierung, das durch die fehlende Gegenfinanzierung von Tarifsteigerungen entstandene Personalkostendilemma und die extrem unterfinanzierte ambulante Notfallversorgung – werden nicht gelöst.

Zahlreiche Ärzte, Pflegefachkräfte, Therapeuten und Verwaltungsmitarbeiter wollten mit ihrer Berufskleidung auf dem Hauptmarkt die bundesweite Aktion der Deutschen Krankenhausgesellschaft unterstützen und Patienten und Öffentlichkeit vor Ort auf die Auswirkungen der geplanten Krankenhaus-Reform aufmerksam machen. Um 12.30 Uhr stiegen über 300 grüne Luftballons in den Himmel. Daran befestigt war jeweils eine Postkarte, gerichtet an den Bundestag in Berlin – ein symbolischer Protest. „Sollte die Krankenhaus-Reform in der vorliegenden Entwurfsfassung verabschiedet werden, hätte dies massive Folgen für die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser, die Patienten und unsere Mitarbeiter, vor allem in Rheinland-Pfalz und somit auch hier bei uns in Trier“, ist sich der Geschäftsführer des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen sicher.

„Unser Auftrag ist es, die uns anvertrauten Patienten bestmöglich zu versorgen, dafür müssen jedoch auch die finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die geplante Reform bietet keine tragfähige Lösung. Eine Reform, die wirklich hilft, muss die laufenden Kosten der Krankenhäuser besser absichern. Das geht nur, wenn unabwendbare Kostensteigerungen, insbesondere für das Personal, bei den jährlichen Vergütungsanpassungen voll berücksichtigt werden. Durch die vorgesehene Streichung des Versorgungszuschlags werden bspw. dem Klinikum Mutterhaus die Mittel zur Finanzierung von 16 Pflegestellen gestrichen. Im Gegenzug werden durch das im Gesetzesentwurf vorgesehene Pflegestellen-Förderprogramm lediglich Mittel zur Finanzierung von 2-3 Pflegestellen zur Verfügung gestellt“, so Geschäftsführer Mehr.

Christian Weiskopf, kaufmännischer Direktor des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Trier erläutert die Brennpunkte der geplanten Reform: „Die angekündigte Qualitätsoffensive kann aus Sicht der Krankenhäuser nicht gelingen, da der Finanzrahmen ab 2017 durch das KHSG eingeschränkt wird und die Preis-Tarif-Schere ungelöst bleibt. Dies bedeutet, dass die Unterfinanzierung von Tarifsteigerungen bleibt, was zu einer weiteren Ausdünnung der Personaldecke führen kann.“ Unbeantwortet blieben auch die Herausforderung des demographischen Wandels und die Gewährleistung des medizinischen Fortschritts, so Weiskopf. Dabei geht es konkret um Fragen, wie der zunehmende Versorgungsbedarf einer älter werdenden Bevölkerung und die steigende Zahl multimorbider und dementer Patienten erfüllt werden können. Oder darum, wie dem Fachkräftemangel zu begegnen sei.

Achim Schütz, Geschäftsführer des Ökumenischen Verbundkrankenhauses Trier, fasst zusammen: „Weder Personalkostensteigerungen noch Sachkostenerhöhungen werden durch die Kostenträger angemessen refinanziert. Beispielsweise erhöhten sich die Versicherungsprämien, wie bei den Hebammen, auch im Krankenhaus um ein vielfaches. Zudem drückt der Investitionsstau in Gebäude und Ausstattung. Sie sind dringend erforderlich, um Arbeitsentlastungen für die Mitarbeiter zu ermöglichen, deren Arbeitsbelastung in den letzten Jahren immer mehr gestiegen ist. Uns wäre schon sehr geholfen, wenn die Bundesländer ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Finanzierung der betriebsnotwendigen Investitionskosten vollständig nachkämen.“

Auch für die Notfallversorgung ist keine kostendeckende Lösung im Krankenhausstrukturgesetz vorgesehen: Durchschnittlich kostet eine Notfall-Behandlung im Krankenhaus 120 Euro. Davon werden 32 Euro bezahlt und 88 müssen von den Krankenhäusern selbst getragen werden. „Die Lenkung der Patientenströme, die durch das KHSG losgelöst werden, wird auch Einfluss auf die notärztliche Versorgung haben. Insbesondere in Hinblick auf Mindestmengenregelungen und Mehrleistungsbegrenzung in adäquatem Versorgungsausgleich der stationären Patienten in der Notfallversorgung,“ so Ludwig Carl, Oberarzt der Anästhesie für den Standort Marienkrankenhaus des Ökumenischen Verbundkrankenhauses.

Weitere Kritikpunkte an der Krankenhaus-Reform betreffen die fehlenden Investitionsmittel sowie auch die neue Form von Qualitätsprüfungen. Gerade dabei fürchten sich Mediziner und Pflegefachkräfte vor erhöhter Bürokratie und Dokumentation, und das bei weniger Personal. Und auch hier ist die einhellige Meinung aller Vertreter der Trierer Kliniken: Wir wollen am Patienten arbeiten und dafür auch ausreichend Zeit haben. Um die hohe Qualität der Patientenversorgung zu sichern und auszubauen, brauchen wir mehr Personal und Investitionen für Qualität – keine Qualitätsabschläge.

Mit der bundesweiten Aktion soll die Bevölkerung sensibilisiert werden, die Belange der Krankenhäuser für eine nachhaltige, dem Menschen zugewandte Gesundheitsversorgung zu unterstützen. Nach Auffassung der Deutsche Krankenhausgesellschaft, werden zentrale Probleme, wie lange Wartezeiten oder Personalknappheit, haben ihren Grund in den allgemeinen Rahmenbedingungen, die auf politischer Ebene gesetzt werden. Der Gesetzentwurf für die Krankenhausreform verkennt die schwierige Lage in Deutschlands Krankenhäusern und gibt auf die großen Zukunftsfragen keine Antworten. Ziel der Kampagne der Krankenhäuser ist eine deutliche Nachbesserung des Krankenhausreformgesetzes.

Hintergrund

Zum bundesweiten Aktionstag aufgerufen hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die DKG ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder – 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände – in der Bundes- und EU-Politik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 1.996 Krankenhäuser versorgen jährlich 18,8 Millionen stationäre Patienten und rund 18 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 90 Milliarden Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.

Bildunterschrift

Mehrere Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen, dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier und dem Ökumenischen Verbundkrankenhaus haben mit mehr als 300 Luftballons auf ihren Protest gegen die Krankenhaus-Reform aufmerksam gemacht. Alle Ballons wurden anschließend zusammen mit klarer Botschaft zur Krankenhaus-Reform nach Berlin geschickt. Text: „So nicht!“ Foto: Bettina Leuchtenberg

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1 Kommentar

  1. So lange das Geld nach Griechenland in ein korruptes System gepumpt wird, wir weiter die Melkkühe Europas sind und wir nicht endlich mal lernen „Nein“ zu Schmarotzern zu sagen, wird kein Geld für das Gesundheits-/ und Bildungssystem vorhanden sein. Kindergärten, Schulen und Wohnraum sind schon marode und knapp, die Renten sind lachhaft und nun wird es das Gesundheitssystem treffen. Erst wenn hier eine Minute vor 12 ist wird wieder reagiert.
    Wir müssen lernen das Vergangenheit Vergangenheit ist und wir natürlich helfen müssen – aber nicht auf Teufel komm raus und auch nicht bedingungslos! Es nützt nichts hier bei uns den Samariter zu spielen, während in den anderen Ländern weiter der Mensch mit Füßen getreten wird. Hilfe vor Ort bringt mehr als jeden hier zu beherbergen und gleichzeitig noch Strafe und Spott aus der EU zu kassieren.
    Unsere Hausaufgaben sind gemacht und wir lassen nun jeden abschreiben und damit angeben.
    Damit sollte mal Schluss sein!

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