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MAINZ. Ist die Pandemie fünf Jahre nach der Bestätigung der ersten Infektion am 26. Februar 2020 in Rheinland-Pfalz ganz überwunden? Verschiedene Branchen berichten.
Von Ira Schaible, dpa
Pflegekräfte galten in der Corona-Pandemie als systemrelevant und bekamen für ihre Arbeit und ihren enormen Einsatz Applaus. Gastronomie, Hotellerie, Kinos und Einzelhandel und Kultureinrichtungen mussten zeitweise ganz schließen und bangten um ihre Existenz. Wie ist die Lage fünf Jahre später?
Pflegekräfte sind unter Druck
«Fünf Jahre nach der Corona-Pandemie hat sich die Situation in der Pflege kaum verbessert», heißt es bei der Landespflegekammer. Personalmangel, hoher Zeitdruck und steigender Verwaltungsaufwand belasteten die Fachkräfte weiterhin. Die gesellschaftliche Anerkennung werde einer Studie zufolge als unzureichend empfunden. Die Hälfte der unter 30-Jährigen denke über einen Ausstieg aus dem Beruf nach.
Nach der Corona-Krise habe sich zudem gezeigt, dass der Katastrophenschutz nicht auf pflegebedürftige Menschen ausgerichtet sei, sagt die Sprecherin der Landespflegekammer Christine Orth-Theis. «Besonders deutlich wurde das bei der Flutkatastrophe im Ahrtal, als viele Betroffene nicht die notwendige Unterstützung erhielten.» Um die Versorgung in Notfällen zu gewährleisten, müssten Pflegefachpersonen in Krisenstäbe eingebunden, spezielle Versorgungsstandards entwickelt und Notfallpläne in Einrichtungen regelmäßig trainiert werden.
Hotellerie und Gastronomie kämpfen weiter
«Unser Long Covid sind die fehlenden Mitarbeiter», sagt der Präsident des Dehoga-Landesverbands, Gereon Haumann. Etwa ein Viertel der Beschäftigten seien während der Pandemie in den Handel oder die Logistikbranche abgewandert. Etwa 85 Prozent hätten zwar zurückgewonnen werden können, die übrigen fehlten aber weiterhin.
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Zudem seien mehr als 20 Prozent der Betriebe auf der Strecke geblieben. Vor Corona habe es rund 12.800 Betriebe und danach nur noch 10.300 gegeben. Einigen sei es gelungen, modernisiert wieder zu eröffnen, andere hätten ihr Eigenkapital weitgehend aufgebraucht, «dann bringt ein Tropfen das Fass schnell zum Überlaufen», sagt Haumann mit Blick auf steigende Preise nach Corona. So hätten im vergangenen Jahr noch einmal etwa fünf Prozent (500 Betriebe) schließen müssen.
Rückforderungen von Hilfen machen Einzelhandel zu schaffen
Die aktuelle Rückforderung der Corona-Hilfen ist gerade für kleinere Geschäfte mitunter eine existenzielle Frage, wie der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Südwest, Thomas Scherer, sagt. Viele Einzelhändler hätten wegen der Rückzahlungen auch keinen oder nur einen sehr geringen Spielraum für Investitionen. Auch weil nach Corona noch andere Krisen kamen, Energie und Mieten stiegen, hätten sich einige Betriebe noch nicht wieder erholen können.
Seltener zum Friseur – Handwerk hat wirtschaftliche Sorgen
«Das Friseurhandwerk steckt auch fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten», sagt der Geschäftsführer des Landesverbands Friseure & Kosmetik Rheinland, Dirk Kleis. Die Salons hatten während der Pandemie dreimal schließen müssen. Die Abstands- und Hygieneregeln hätten in vielen Salons jeden zweiten Bedienplatz gekostet und hohe Kosten verursacht, etwa für Trennwände.
Stark gestiegene Kosten für Personal, Energie, die Inflation und seltenere Friseurbesuche hätten in den Folgejahren einer Erholung der Betriebe entgegengestanden. Die wirtschaftliche Situation der Branche sei angespannt. «Hierzu trägt auch die zunehmende Schwarzarbeit bei.» Die massenhaft verschickten Rückforderungsbescheide zur Corona-Soforthilfe sorgten jetzt für Empörung. «Hier werden gerade Betriebe weiter geschwächt.»
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Besucherrekorde in der Kultur – aber auch Probleme
In den meisten kulturellen Einrichtungen sei das Publikum weitestgehend zurück, die Besucherzahlen erreichten häufig wieder das Niveau von 2019, berichtet der Sprecher des Kulturministeriums, Nils Dettki. «Viele Einrichtungen wie das Arp-Museum, das Staatstheater Mainz, das Kulturzentrum Kammgarn Kaiserslautern, die Nibelungenfestspiele Worms oder auch das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen verzeichneten im Jahr 2024 Besucherrekorde.»
Sehr schnell hätten sich auch alle Angebote für Kinder und Jugendliche erholt. Kulturelle Angebote in den ländlichen Räumen, wie beispielsweise kleine und mittlere Museen, zählten dagegen noch nicht wieder so viele Besucher wie vor der Pandemie.
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«Eine neue Entwicklung ist zudem, dass sich das Publikum heute eher kurzfristig für den Besuch von Veranstaltungen entscheidet, sodass die Planung für Veranstalter schwieriger geworden ist», sagte Dettki. Viele Dienstleister in der Veranstaltungsbranche hätten sich während der Pandemie auch beruflich umorientiert. Daher fehlten gerade in der Technik inzwischen Personal und Firmen, was für die Kulturschaffenden zu einem starken Anstieg der Kosten geführt habe.
Weniger Kinobesuche
Die rheinland-pfälzische Kinolandschaft habe sich nicht so gut erholt wie die in anderen Ländern, heißt es bei der Filmförderungsanstalt in Berlin. Gemessen wird dies vor allem an den verkauften Tickets, weil Kinoschließungen noch andere Ursachen haben. Danach wurden in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr rund 3,6 Millionen Kinokarten verkauft, etwa ein Viertel weniger als 2019. Die Zahl der Spielstätten ging um 3 auf 65 zurück.