Trier: Neun Fraktionen, 20 Neulinge – Erste Sitzung des neu gewählten Stadtrats

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Symbolbild; Der Trierer Stadtrat; Foto: Trierer Rathaus Zeitung

TRIER. Es ist ein kommunalpolitisches Ereignis, das nur alle fünf Jahre vorkommt: die Konstituierung des neu gewählten Stadtrats.

Vergangene Woche fand sich das oberste Organ der Stadt zu seiner ersten Sitzung zusammen. Hierbei skizzierten die Vorsitzenden der insgesamt neun Fraktionen ihre politischen Schwerpunkte der nächsten Jahre.

Das berichtet die Trierer Rathaus Zeitung in ihrer aktuellen Ausgabe vom Dienstag.

56 Mitglieder, die sich in neun Fraktionen zusammengeschlossen haben, plus OB Wolfram Leibe: so viel zur Größe des Stadtrats, der in der Kommunalwahl am 9. Juni von den Triererinnen und Trierern gewählt wurde. Von den 56 Personen sind 20 neu in dem politischen Gremium, 36 hatten bereits davor einen Platz inne. OB Leibe ist sich sicher: „Wir alle können diesen Rat in den nächsten fünf Jahren sehr produktiv machen, indem wir über die Probleme und Herausforderungen demokratisch diskutieren und zwar immer im Sinne der Bürger-
innen und Bürger.“

Für welche Ziele sich die neu gewählten Fraktionen einsetzen, erläuterten deren Vorsitzende. Stärkste Fraktion ist mit 15 Sitzen die CDU, womit sich deren neuer Vorsitzender Thomas Marx zufrieden zeigte. Als politische Schwerpunkte nannte er Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, bezahlbaren Wohnraum, der es ermöglicht, Wohnort und Arbeit zu verknüpfen, eine Innenstadtentwicklung mit einem inhabergeführten Einzelhandel und einer vielfältigen Gastronomie, die gute Erreichbarkeit Triers für alle und den Abbau von Bürokratie.

SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Teuber verwies auf das Miteinander, um die Stadt voranzubringen: „Manchmal scheint es, als würde im Trierer Stadtrat alles kontrovers entschieden. Das ist nicht der Fall, drei Viertel der Entscheidungen werden nahezu einstimmig gefällt.“ Es gelte auch, Verantwortung für Projekte zu übernehmen. Konkret erwähnte er den Anbau der Tufa und die sich daran anschließende Sanierung des Theaters. Als weitere Schwerpunkte seiner Fraktion nannte er Bildung sowie Nachhaltigkeit im Sinne von Umweltschutz und Mobilität. Hier bringe es nichts, Kulturkämpfe vom Zaun zu brechen, so der Fraktionsvorsitzende, „wir müssen die Menschen überzeugen, warum ein anderer Weg besser ist“.

Eine solidarische, demokratische und inklusive Stadtgesellschaft, in der niemand ausgeschlossen und diskriminiert wird – so skizzierte die neue Fraktionsvorsitzende der Grünen, Nicole Helbig, ihre Vision Triers. Sie sprach von einem „großen Aufgabenheft“ für die nächsten fünf Jahre. Als Schwerpunkte ihrer Fraktion nannte sie Klimaneutralität bis 2035, die Verkehrswende, die Sicherung des kulturellen Angebots und Investitionen in Schulen und Kitas. Grundsätzlich sei eine Kultur des Miteinanders, des Respekts und der Toleranz geboten, so Helbig, die sich auch dafür aussprach, mehr Platz für Menschen und weniger Fläche für den ruhenden Verkehr auszuweisen, da dies die Lebensqualität in Trier steigere.

AfD-Chef Michael Frisch verwies auf den hohen Zugewinn seiner Partei: Die AfD erhielt 9,4 Prozent der Stimmen und errang damit fünf Sitze im Rat. „Dieses gute Ergebnis ist Auftrag und Verpflichtung“, so Frisch. Er hoffe, dass die „Ausgrenzungspolitik“ der Vergangenheit ein Ende finde, sagte er in Richtung der anderen Fraktionen. Thematisch setze sich die AfD unter anderem für eine ausgewogene Verkehrspolitik, eine starke Wirtschaft, Sicherheit und Ordnung sowie rechtsstaatliches Handeln bei Asyl und Integration ein. Mit der AfD nicht zu machen seien hingegen Windräder im Stadtwald, Steuererhöhungen und „unsinnige Klimaschutzprojekte“.

„Wir haben den Klassenerhalt geschafft, es war ein hart erkämpftes Ergebnis gegen den Bundestrend“, sagte Linken-Fraktionschef Marc-Bernhard Gleißner mit Blick auf das Wahlergebnis seiner Partei. Die Linke bleibe in der kommenden Wahlperiode eine verlässliche Stimme gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen eine „Mentalität des Nach-Unten-Tretens“, versprach Gleißner. Anschließend nannte er die thematischen Schwerpunkte seiner Fraktion: den vollständigen Erhalt des Exhauses, den Abbau des Sanierungsstaus bei Schulen, Kitas und Sportstätten, einen 50-Prozent-Anteil für Sozialwohnungen in Baugebieten und die Weiterentwicklung von Kulturangeboten in den Stadtteilen.

Tobias Schneider (FDP) blickte auf die „extrem großen Herausforderungen“ der vergangenen Wahlperiode zurück: Corona, die Amokfahrt, die Flutkatastrophe und der russische Angriff auf die Ukraine mit der anschließenden Aufnahme von Flüchtlingen auch in Trier. Die Stadt Trier, ihre Bürgerinnen und Bürger, habe bei allem Leid in dieser Zeit zusammengehalten und bewiesen, dass sie schwierige Situationen bewältigen könne. Dieser Zusammenhalt habe sich im Großen und Ganzen auch im Stadtrat gezeigt. „Deshalb geht es in den nächsten fünf Jahren darum, mit Optimismus Politik zu gestalten, mit der wir morgen in dieser Stadt gute Lebensverhältnisse schaffen können.“

Die beiden gewählten Kandidaten der PARTEI haben sich im Stadtrat erneut unter dem Namen „Die Fraktion“ konstituiert. Michael Zeebs Redebeitrag ließ keinen Zweifel an den satirischen Ambitionen der Gruppe aufkommen: „Die Hoffnung von Milliunen Trierern liegt in den Händen unserer Partei, die sich kompromisslos für den politischen Nonsens einsetzt.“ Man sei offen für Koalitionsgespräche, allerdings nicht mit der CDU, SPD, Grünen, FDP, AfD, der Linken, den Freien Wählern oder der UBT.

Daniel Klingelmeier sprach für die erstmals in den Stadtrat eingezogenen Freien Wähler. Man wolle als „unbequeme Opposition“ dazu beitragen, falsche Weichenstellungen zu korrigieren, kündigte er an. Konkret kritisierte Klingelmeier, dass die Stadt in den letzten Jahren zahlreiche neue Stellen geschaffen habe, die Funktionalität aber zum Teil abgenommen habe, wie zum Beispiel bei den langen Wartezeiten auf einen Termin im Bürgeramt. „Solche Missstände müssen behoben werden, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Verwaltung zu erhalten und zu stärken.“

Auch der UBT-Fraktionsvorsitzende Christian Schenk warb dafür, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. „Wir haben noch 150 Projekte vor der Brust, die wir seit Jahren versprochen, aber nicht angefangen haben. Deshalb finde ich es bedenklich, dass es in den vorigen Reden vor allem um zusätzliche neue Ziele ging. Wir müssen erstmal unsere Hausaufgaben machen.“ Die UBT sei stolz darauf, wieder drei Ortsvorsteher zu stellen. „Sie bündeln auf der untersten kommunalpolitischen Ebene viele Themen und Wünsche unserer Bürger.“

Eine erste kleine Kontroverse ergab sich im Stadtrat aus der neuen Sitzordnung, die für die Freien Wähler und die „Fraktion“ keine Plätze in der ersten Reihe vorsieht. „Das widerspricht der üblichen und bewährten Praxis in unseren Parlamenten auf allen politischen Ebenen“, kritisierte Daniel Klingelmeier (FW). Er brachte einen Änderungsantrag ein, der auf dem ursprünglichen Vorschlag der Verwaltung beruhte. Dieser war in einer Sitzung des Ältestenrats abgeändert worden. Bei der Abstimmung scheiterte der Antrag der Freien Wähler mit zehn Ja- gegen 40 Nein-Stimmen bei sieben Enthaltungen. Die Sitzordnung wird somit beibehalten.

(Quelle: Trierer Rathaus Zeitung / Ralph Kießling/Björn Gutheil  , Ausgabe vom 16.07.2024)

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