KOBLENZ. Steht einem Bundesminister, der unter einem Video auf Facebook in den dortigen Kommentaren als „Drecksack“ bezeichnet wurde, ein Unterlassungsanspruch und ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu?
Das Landgericht Koblenz hat nun entschieden, dass dem Bundesminister Cem Özdemir ein Unterlassungsanspruch sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 600 Euro zustehen.
Der Angeklagte hatte als Facebook-Nutzer in einem Kommentar unter einem Video des Ministers Cem Özdemir als „Drecksack“ bezeichnet. Özdemir erstattete daraufhin Strafanzeige, und das Verfahren endete zunächst mit einer Geldauflage von 1.000 Euro, die der Beklagte jedoch nicht zahlte.
Özdemir forderte schließlich gerichtlich eine Unterlassungserklärung und Schmerzensgeld. Das Gericht entschied zugunsten von Özdemir, da die Beleidigung seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Meinungsfreiheit des Beklagten sei zwar wichtig, finde aber ihre Grenzen, wenn es um die persönliche Ehre geht. Der Kommentar diente lediglich der Diffamierung und nicht einer sachlichen Kritik. Auch die lange Zeit seit der Beleidigung ändere nichts an der Entscheidung, da eine Wiederholungsgefahr durch den Angeklagten bestehen würde und nur durch eine Unterlassungserklärung verhindert werden könne.
Der Beklagte wiederum äußerte im Prozess die Auffassung, dass nach einem Zeitraum von über 22 Monaten nach dem von dem Beklagten am 29.04.2022 verfassten Post keine Wiederholungsgefahr mehr bestehe. Der Post des Beklagten sei eine Reaktion auf ein Video des Klägers, in dem die bundesweiten Tafeln als zwingend erforderlich für die Versorgung der prekären Bevölkerung mit Nahrung dargestellt worden sein. Für den Beklagten sei es sonderbar, dass der Kläger nicht durch sein Ministerium die Grundlagen für eine ausreichende Lebensmittelversorgung dieser Bevölkerungsteile schaffe, sondern diese durch gemeinnützige Organisationen, wie beispielsweise die Tafeln, sicherstelle und dies als Erfolg seines Ministeriums deklariere. Der Post sei zwar unsachlich, stelle jedoch eine Reaktion auf ein Verhalten des Ministeriums des Klägers dar und lasse sich mithin durchaus als Meinungsäußerung einordnen.
Dieser Auffassung folgte das Koblenzer Landgericht nicht.