U-Ausschuss Flut: Experte erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen umstrittenen Ex-Landrat

Im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal hat ein Experte erneut Versäumnisse des damaligen Landrats bemängelt. Doch es gibt einen Gutachterstreit. Kommt die Aufklärung nun voran?

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Jürgen Pföhler (M), ehemaliger Landrat des Kreises Ahrweiler, mit Anwalt Olaf Langhanki (r). Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild

MAINZ. Im Flut-Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hat der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb, erneut von schweren Versäumnissen des damaligen Landrats im Kreis Ahrweiler während der Flutkatastrophe gesprochen. Es habe Pläne für Rettungs- und Evakuierungseinsätze für eine Flutkatastrophe gegeben, sagte der Sachverständige am Freitag in Mainz.

Deshalb habe kein Systemproblem vorgelegen. Es habe stattdessen einen «Systemsprenger» gegeben, sagte Roselieb mit Blick auf das Vorgehen des damaligen Landrats. Bei der Flut-Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region und einer im Raum Trier. Ein Mensch gilt noch immer als vermisst. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben bei dem Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen. Tausende Häuser wurden zerstört, Straßen und Brücken weggespült.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung gegen Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und einen engen Mitarbeiter aus dem Krisenstab. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Im Auftrag der Ermittlungsbehörde wurde von dem Professor für Führung und Bevölkerungsschutz aus Berlin, Dominic Gißler, ein Gutachten erstellt. Danach habe es bei der Ahr-Flutkatastrophe vor rund zweieinhalb Jahren erhebliche Mängel im Katastrophenschutz des Kreises gegeben. Unter anderem habe die technische Einsatzleitung kein passendes Modell von der sich aufbauenden Gefährdung gehabt.

Dieser Beurteilung widersprach der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung bei seiner erneuten Aussage vor dem Untersuchungsausschuss vehement. Gißlers Gutachten sei lückenhaft. Er habe nicht die Daten aller Beteiligten des Katastrophenschutzes in der Region mit einbezogen, etwa die Daten von DRLG, Malteser Hilfsdienst oder Bundeswehr. Außerdem habe er nach seiner Einschätzung auch einen falschen methodischen Ansatz gewählt.

Vor dem Mainzer Landtag wurde parallel zur Sitzung des Untersuchungsausschusses ein Mahnmal mit Skulpturen aufgebaut, das an die Todesopfer der Flutkatastrophe erinnern soll. Die Figuren waren in weißes Flatterband eingewickelt. Es gab die Möglichkeit, mit einem Stift Erinnerungen oder Botschaften auf die Skulpturen zu schreiben. (Quelle: dpa)

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