ST. GOARSHAUSEN. Wer in Sankt Goarshausen im Stadtteil Wellmich am Rheinufer steht, kann den Stadtteil Fellen auf der anderen Flussseite sehen. Doch der Weg dahin ist deutlich weiter, als das Auge vermuten lässt. Zwischen Mainz und Koblenz gibt es auf rund 80 Rheinkilometern nur sechs Fährverbindungen – und keine Brücke. Das könnte sich in Zukunft ändern.
Der seit vielen Jahren diskutierte Bau einer Mittelrheinbrücke kann bei Sankt Goarshausen umgesetzt werden. Das ist das Ergebnis eines sogenannten Raumordnungsverfahrens, das der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) und die Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) am Mittwoch vorgestellt haben. Die Mittelrheinbrücke sei am Standort zwischen den Stadtteilen Fellen und Wellmich mit den Anforderungen verträglich, sagte Ebling. Das heißt: Die Brücke ist mit dem Natur-, Umwelt- und Hochwasserschutz und den verkehrlichen Anforderungen vereinbar.
«Heute ist ein wunderbarer Tag für das Mittelrheintal und damit für das Land Rheinland-Pfalz», betonte der Innenminister. «Wir erreichen heute einen bedeutenden Meilenstein.»
Die Diskussion um eine Mittelrheinbrücke dauert schon Jahrzehnte. Bereits vor etlichen Jahren gab es einen Wettbewerb für ein Brückenprojekt nahe dem berühmten Loreley-Felsen. Das nun abgeschlossenen Raumordnungsverfahren lief seit Februar 2021. Dabei wurden etliche Gutachten eingeholt, der Entscheid umfasst mehr als 100 Seiten.
Insgesamt wurden laut Ministerium sechs Varianten in dem Verfahren überprüft, lediglich eine Brücke an dem nun gewählten Standort habe die Voraussetzungen erfüllt. Bisher gebe es keine wasserstandsunabhängige Mittelrheinquerung, sagte Ebling.
Was die Planungen zusätzlich erschwert: Die besondere Auszeichnung der Region als Welterbe der Unesco. «Die Auszeichnung hat natürlich eine herausgehobene Bedeutung», sagte Ebling bei der Übergabe des Entscheids am Mittwoch. Das dürfe nicht gefährdet werden und mache eine sensible Planung nötig. In Dresden hatte die Unesco einst den Titel für das Elbtal wegen des Baus einer Brücke aberkannt. Bei der Planung im Mittelrheintal wurde die Unesco laut Ebling «laufend» und «sehr detailliert» eingebunden.
«Es ist eine ganz, ganz wichtige Verbindung hier im Norden des Landes», sagte Verkehrsministerin Schmitt. Gerade auch bei Niedrigwasser – also wenn die Fähren es schwer haben – sei es ein Thema. Ihr Ministerium ist von nun an für das sogenannte Planfeststellungsverfahren verantwortlich – also für die Detailplanung des Bauvorhabens. «Wir waren noch nie so weit», sagte Schmitt. Eine Mittelrheinbrücke steigere die Lebensqualität und sichere den Wirtschaftsstandort.
So weit wie noch nie – und doch noch Jahre von einer fertigen Brücke entfernt. Denn ein Termin für den Baubeginn oder gar die Fertigstellung ist noch nicht absehbar. «Es wäre unseriös, jetzt Daten damit zu verbinden», sagte Schmitt. Sie sei zuversichtlich, dass das Ministerium «zügige» und «konstruktive» Schritte gehen werde. «Wir müssen dieses Momentum jetzt nutzen, dass wir so weit sind, wie wir es noch nie waren, und genau das auch jetzt fortsetzen», sagte Schmitt. Nun müssen die Detailplanung, Planfeststellungsverfahren, Ausschreibung und der Bau folgen. Es wäre gut, wenn es zum Zeitpunkt der Bundesgartenschau 2029 eine Baustelle gebe, sagte Schmitt.
Das Raumordnungsverfahren wurde vom Innenministerium mit 770 000 Euro komplett finanziert. Was der Bau der Brücke kosten wird und wer das zahlt, ist ebenfalls noch ungeklärt. «Es gab aus der Vergangenheit mal Kostenkalkulationen, die völlig überholt sind. Deswegen muss man in diese Schritte jetzt auch eintreten.» Das Ministerium werde mit den regional Verantwortlichen Lösungen verhandeln.