U-Ausschuss: Gutachter kritisiert Mängel bei Ahr-Einsatz – “allgemeine Dysfunktionalität”

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Meterhoch türmt sich Schrott an einer Brücke über die Ahr in Altenahr-Kreuzberg. Foto: Boris Roessler/dpa/Archiv

MAINZ. Nach Ansicht eines Gutachters hat ein in Deutschland herrschender Mangel an Spezialisten im Katastrophenschutz den Einsatz bei der Ahrflut erschwert. «Die handelnden Personen haben persönlich Großes geleistet», sagte Dominic Gißler von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften aus Berlin am Freitag in Mainz im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages zur Flutkatastrophe. Es gebe aber ein «systematisches Problem».

Im Katastrophenschutzsystem in Deutschland würden keine Spezialisten ausgebildet, die sich um das Führungssystem bei solch komplexen Einsätzen kümmern könnten. In Lagen wie an der Ahr brauche es aber Anpassungsvermögen. In Deutschland gebe es abgesehen von der Polizei nicht mehr als ein Dutzend solcher Spezialisten.

Gißler beschäftigte sich in seinem vom U-Ausschuss in Auftrag gegebenen Gutachten mit dem Funktionieren der Einsatzleitung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) im Zeitraum vom 17. Juli bis 6. August 2021.

Konkret sei bei der Ahrflut im Juli 2021 das zunächst zuständige Führungssystem des Landkreises Ahrweiler in eine «Überlast» geraten, sagte Gißler. «Es war alles betroffen, was man sich vorstellen kann», betonte er. Helfer seien auch persönlich betroffen gewesen. Als ADD am 17. Juli übernommen habe, seien gewisse Ausgangsbedingungen schon gesetzt gewesen.

Insgesamt seien die Abläufe beim Einsatz an der Ahr eher zentralistisch gewesen. Die Einsatzleitung habe kein ausreichendes Ordnungspotenzial aufbringen können, sagte Gißler. Bei Personalwechseln etwa sei es zu Reibungsverlusten gekommen. «Das hat zu einer allgemeinen Dysfunktionalität geführt.» Bedarfe von unteren Ebenen hätte nicht angemessen verarbeitet werden können, draußen sei bei Einsatzkräften der Eindruck mangelnder Unterstützung entstanden.

Die Einsatzstäbe hätten in relevanten Zeitabschnitten unzureichend funktioniert. «Der Zug war dann quasi abgefahren», betonte Gißler. «Die Schlüsselerkenntnis ist, es kommt auf die Abläufe an.»

Im weiteren Verlauf der Ausschusssitzung am Freitag war noch die zweite Befragung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) geplant. (Quelle: dpa)

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