Kinder und Jugendliche schützen: Rheinland-Pfalz gründet «Pakt gegen sexualisierte Gewalt»

Ein Betroffenenrat und eine Fachkommission bilden das Herzstück des neuen Projekts, das Kinder und Jugendliche künftig besser vor sexueller Gewalt schützen will. Ministerin Binz sieht das Land dabei bundesweit als Vorreiter.

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Symbolbild; Foto: dpa

MAINZ. Der «Pakt gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen» in Rheinland-Pfalz nimmt erste Formen an. Am Mittwoch wurde der Betroffenenrat gegründet, dem acht Mitglieder im Alter zwischen 18 und 67 Jahren angehören, wie Familienministerin Katharina Binz (Grüne) am Donnerstag bei der Vorstellung des Projekts mitteilte.

Eine Fachkommission mit sechs Mitgliedern aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis unter Vorsitz der ehemaligen Leiterin des Landesjugendamtes, Birgit Zeller, hat bereits am Montag erstmals getagt. Ziel des Pakts ist laut Ministerium eine wirksamere Prävention und eine flächendeckende kindgerechte Intervention und Nachsorge.

«Die Kinder sind angewiesen auf Erwachsene, die sie ernst nehmen und beschützen», sagte Binz. Nach Angaben des Ministeriums zählte die Polizeiliche Kriminalstatistik in Rheinland-Pfalz im Jahr 2021 insgesamt 673 Fälle von Kindesmissbrauch und 2055 Fälle rund um kinderpornografische Darstellungen im Internet. Und das seien nur die bekannt gewordenen Fälle, sagte die Ministerin.

Als bundesweit einmalig hob Binz die Einrichtung eines Betroffenenrats auf Landesebene hervor. Sie sei allen Menschen dankbar, die Mut gezeigt und sich für diese Aufgabe angeboten hätten, sagte sie. Aus 20 Bewerbungen seien schließlich acht Mitglieder des Gremiums ausgewählt worden, das in puncto Geschlecht, Alter, regionale Herkunft und Nationalität vielfältig zusammengesetzt sei. Bei den Mitgliedern handele es sich um einen Mann, eine diverse Person und sechs Frauen.

Alle acht Mitglieder kommen den Angaben zufolge aus Rheinland-Pfalz und haben in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlebt. Es sei ihr wichtig, die Perspektive von Betroffenen in den Prozess einzubinden, sagte Binz. Laut Zeller ist es auch denkbar, dass das Gremium zu einem späteren Zeitpunkt den Kontakt zu anderen derartigen Betroffenengruppen beispielsweise in der katholischen Kirche sucht.

Mehrere Arbeitsgruppen sollen sich unter anderem mit den vorhandenen Angeboten an Intervention und Prävention, mit Schutzkonzepten beispielsweise für Vereine und Organisationen sowie mit gerichtlichen und behördlichen Verfahren befassen. Weitere Themen sind die Frage nach institutionellen Gegebenheiten, die sexualisierte Gewalt begünstigen können, und die Rolle digitaler Medien.

Für den Pakt sind in diesem und im nächsten Jahr laut Binz jeweils 600.000 Euro vorgesehen. Beteiligt sind fast alle Ministerien, die Federführung liegt beim Familienministerium. Für den 11. September ist eine landesweite Tagung der Beteiligten mit Fachleuten geplant.

Aufgabe des Paktes ist Binz zufolge das Erarbeiten von Handlungsempfehlungen für die Landesregierung. Angestrebt werde die Fertigstellung dieser Empfehlungen bis zum zweiten Quartal 2024.

Binz hob den breiten Ansatz des Paktes hervor. Sie halte nicht viel davon, einzelne Bereiche aus dem Gesamtzusammenhang herauszugreifen, sagte die Ministerin mit Blick auf einen Antrag der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion nach Einführung eines Schutzkonzeptes für Schulen. Der rheinland-pfälzische Kinderschutzbund hatte sich hinter die CDU-Initiative gestellt.

Lisett Stuppy, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, erklärte, mit dem Vorhaben werde eine wichtige Forderung ihrer Partei aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. «Gerade die aktuelle Debatte um Missbrauch in der katholischen Kirche zeigt: Es gibt Strukturen, die Gewaltanwendung, Missbrauch und Vertuschung begünstigen.» Deshalb müssten Strukturen geschaffen werden, die Missbrauch und Gewalt von Anfang an verhinderten.

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