Opfer hatte Todesahnung: Zeuge sagt im Prozess um Brand in Asylbewerberheim aus

Mord verjährt nicht. Mehr als 30 Jahre nach einem tödlichen Brandanschlag auf Ausländer im Saarland sagt ein Freund des Opfers vor Gericht aus. Dieses habe Angst vor einer Abschiebung gehabt. Und eine rassistisch motivierte Attacke vorausgesehen

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Demonstranten stehen vor dem Prozessbeginn am Eingang des Oberlandesgerichts. © Thomas Frey/dpa

KOBLENZ/SAARLOUIS. Im Mordprozess um einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim 1991 im Saarland hat ein Zeuge von einer Todesahnung des Opfers berichtet.

Er sei am Vorabend der Tat mit Samuel Yeboah in Saarlouis an mehreren Skinheads vorbeigelaufen, berichtete ein deutscher Freund am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Diese hätten sie zwar weder angegriffen noch angesprochen. Dennoch habe Yeboah zu ihm gesagt: «Eines Tages, wenn du zu Hause bist, werden die mich umbringen.» Stunden darauf sei der 27-jährige Westafrikaner tatsächlich einem Anschlag zum Opfer gefallen.

Der 51-jährige Zeuge, heute ein Fondsmanager, sprach von einer großen Angst des Opfers, abgeschoben zu werden: «Das hat ihn streckenweise stark belastet.» Er wisse nicht, ob Yeboah in seiner Heimat verfolgt worden sei. «Er wollte sich ein besseres Leben in Deutschland aufbauen», fügte der Zeuge hinzu. Er sei mit ihm im Boxtraining gewesen, «konnte Deutsch, wollte immer arbeiten». Yeboah, der mit 23 Geschwistern in Ghana aufgewachsen sei, habe bei ihm im Saarland wie ein Familienmitglied Weihnachten gefeiert, sagte der Fondsmanager.

Wie ein Anwalt eines Nebenklägers, Christian Schmitt, am Rande des Prozesses erklärte, war Yeboahs Asylantrag seinerzeit abgelehnt worden. Nur wegen ärztlich festgestellter Suizidgefahr sei der Ghanaer noch nicht vor seinem Tod abgeschoben worden.

Der mutmaßliche Täter steht seit November 2022 wegen Mordes sowie versuchten Mordes in 20 Fällen vor dem OLG Koblenz. Wenige Stunden nach dem Brandanschlag in der Nacht auf den 19. September 1991 war Yeboah nach schwersten Verbrennungen gestorben. Zwei andere Hausbewohner sprangen damals laut Anklage aus einem Fenster und brachen sich Knochen. 18 weitere Bewohner retteten sich unverletzt.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten, einem heutigen Familienvater, vor, damals aus rassistischer Gesinnung mit Benzin das Feuer entzündet zu haben. Der Mann bestreitet die Vorwürfe. Sein Verteidiger Guido Britz hatte beim Prozessauftakt gesagt, es gebe Anhaltspunkte, die auf andere Menschen als Täter hindeuteten.

Nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft hatte der Angeklagte im Alter von 20 Jahren am Abend des 18. September 1991 in einer Gaststätte in Saarlouis über rassistisch motivierte Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer im sächsischen Hoyerswerda gesprochen. «Die Gesprächsteilnehmer machten deutlich, dass sie die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutheißen würden», hieß es. Der Angeklagte soll das noch in derselben Nacht in die Tat umgesetzt haben.

Am Dienstag sagte allerdings ein früherer Reporter in Sachsen vor dem OLG Koblenz als Zeuge aus, seiner Erinnerung nach hätten Fernsehen und Radio damals erst am 19. September 1991, also Stunden nach dem Anschlag von Saarlouis, erstmals von den Angriffen mit Steinen und Molotowcocktails in Hoyerswerda berichtet. Und überregionale Zeitungen noch einen Tag später. Er selbst habe damals dort schwarz-weiß fotografiert.

Ein Prozess mehr als 30 Jahre nach einer Straftat ist ungewöhnlich – aber Mord verjährt nicht. Die ursprünglichen Ermittlungen stellte die saarländische Polizei ein – und entschuldigte sich später für Defizite ihrer Arbeit. Im November 2022 begann nun doch ein Prozess in Koblenz, nachdem eine Zeugin aufgetaucht war, der der Angeklagte bei einem Grillfest die Tat gestanden haben soll.

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