
TRIER. Die Gewerkschaften des Justizvollzugs in Rheinland-Pfalz und im Saarland warnen vor einer drohenden Überbelegung der Gefängnisse. Grund sei «eine Flut von Inhaftierten», die mit Ersatzfreiheitsstrafen derzeit womöglich auf die Vollzugseinrichtungen zurolle, sagten der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Winfried Conrad, und sein saarländischer Kollege Markus Wollscheid, am Mittwoch in Trier. Ersatzfreiheitsstrafen werden vollstreckt, wenn Verurteilte ihre Geldstrafe nicht zahlen können.
Wegen der Corona-Pandemie war die Vollstreckung jener Strafen aufgeschoben worden. Jetzt aber würden Ersatzfreiheitsstrafen wieder vollstreckt, berichtete Conrad. In Rheinland-Pfalz seien es 5000 bis 6000 Fälle, in denen die Zahlung oder Vollstreckung der Verfahren anstehe. Im Saarland spreche man von rund 1000 noch ausstehenden Verfahren, sagte Wollscheid.
Ein «Belegungs-Tsunami» werde auch befürchtet, weil wegen Inflation und steigenden Preisen viele Menschen ihre Geldstrafen nicht bezahlen und so vermehrt Ersatzfreiheitsstrafen antreten könnten. Die Zahlen könnten wegen der angespannten wirtschaftlichen Situation auch im Bereich der Kleinkriminalität «explodieren», die in der Regel mit Geldstrafe geahndet würden, hieß es.
Die Gewerkschaftschefs forderten daher für ein Jahr die Aussetzung der Ersatzfreiheitsstrafen unter 30 Tagen: «Um vorzubeugen, dass diese Welle, wenn sie kommt, uns nicht überrollt», sagte Conrad.
Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Justizministeriums befanden sich zum Stichtag 19. August insgesamt 2602 männliche Gefangene im Erwachsenenvollzug: Darunter seien 223 Gefangene gewesen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßten. Die vorgeschlagene Maßnahme, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 30 Tagessätzen auszusetzen, beträfe nur eine geringe Anzahl an Gefangenen, sagte die Sprecherin. Zum Stichtag seien dies 37 Gefangene gewesen. (dpa)