TRIER. Bevor der Erweiterungsbau für das Humboldt-Gymnasium ab 2023 hochgezogen wird, kommen auf der Baustelle die Archäologen zu ihrem Recht. Aufgrund der Nähe zum Forum, dem Trierer Stadtzentrum in der Antike, werden die Grabungen mit Spannung erwartet. Neue Erkenntnisse über die Stadtgründung sind nicht ausgeschlossen.
Das berichtet die Rathaus Zeitung Trier in ihrer aktuellen Ausgabe. Der rege Baustellenverkehr und die Geräuschkulisse auf dem Augustinerhof lassen vermuten, dass die Hochbauarbeiten für den Anbau des Humboldt-Gymnasiums (HGT) voll im Gang sind. Doch das stimmt nicht ganz: Streng genommen handelt es sich bei dem aktuellen Geschehen immer noch um die Bauvorbereitung. Nachdem die Kampfmittelsondierung abgeschlossen ist und zum Glück keinen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg zu Tage förderte, geht es jetzt um die Absicherung der Baugrube für die anstehenden archäologischen Grabungen.
Dazu werden insgesamt 95 Bohrpfähle acht Meter tief in den Boden gepresst: Zunächst werden die Löcher gebohrt, die direkt anschließend mit Hilfe der selben Baumaschine mit Beton verfüllt und mit einem Metallgerüst ummantelt werden. „Die Bohrpfahlwand sorgt dafür, dass die Wände der Grube nicht abrutschen, dient aber später auch als Gründung für das neue Schulgebäude“, erklärt Bauleiter Alexander Leidinger vom Ingenieurbüro BFH. Die Umsetzung vor Ort liegt in den Händen der Baufirmen Clemens und Demler.
Ab dem 1. Juli kann dann Joachim Hupe von der Landesarchäologie mit seinen Kolleginnen und Kollegen für ein halbes Jahr auf das Gelände. Interessante Funde aus der Antike wären keine Überraschung, denn das Baufeld liegt in unmittelbarer Nähe des römischen Forums, also des damaligen Stadtzentrums. Als in den 1920er Jahren erstmals eine Schule, das damalige Hindenburg-Realgymnasium, auf dem Augustinerhof gebaut werden sollte, fanden im Vorfeld ebenfalls Ausgrabungen statt. Damals konnten unter anderem Fragmente eines Mosaikbodens geborgen werden, die heute im Landesmuseum zu sehen sind. Die seinerzeitigen Befunde deuten auf eine große Wohnanlage mit Innenhof hin, die sich auch auf das jetzige Untersuchungsgebiet erstreckte. „Es dürfte sich um eine palastartige Stadtvilla gehandelt haben„, verdeutlicht Joachim Hupe.
Die aktuelle Grabung soll bis in eine Tiefe von sechs Metern führen und somit nicht nur Mauerreste aus der Spätantike, sondern auch aus der frühesten Stadtgeschichte freilegen. Vielleicht ergeben sich, so Hupe, anhand von Münzen oder Keramikfunden sogar neue Erkenntnisse über das Gründungsdatum von Trier.
Der viergeschossige Erweiterungsbau soll die Raumnot im HGT beheben und 15 Klassenräume sowie eine Mensa mit einem rund 100 Quadratmeter großen Speisesaal beherbergen. Künftig können dank des Erweiterungsbaus, der über den Augustinerhof zugänglich sein wird, auch fehlende naturwissenschaftliche Räume im Bestandsgebäude hergerichtet werden. Außerdem steht im Übergangsbereich zum schon bestehenden Gebäude künftig auch Platz für Gemeinschaftsräume für Schüler und Lehrer zur Verfügung.
Die Kosten des Projekts liegen laut Baubeschluss bei 8,8 Millionen Euro. Die Stadt erhält für die Investition einen Bundeszuschuss von knapp 6 Millionen Euro. Projektleiterin Anna Kolodeschanskij vom Hochbauamt erläutert den weiteren Zeitplan: „Nach Abschluss der archäologischen Grabung wollen wir Anfang 2023 mit dem Hochbau beginnen. Mit der Eröffnung und Inbetriebnahme des Gebäudes rechnen wir für Sommer oder Herbst 2024.“
(QUELLE: RATHAUS ZEITUNG TRIER / Ralph Kießling)