Nachgefragt bei der Fahrschule Winter: Revolution in der Ausbildung – was das für die Zukunft bedeutet

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Fahrschullehrer Christian Winter

TRIER. Am 6. November diesen Jahres, hat der Deutsche Bundesrat einem Gesetz zugestimmt, welches die Führerscheinausbildung revolutioniert. So kann voraussichtlich ab dem 1. April 2021, die Ausbildung auf Kraftfahrzeugen mit Schaltung und Automatik kombiniert werden. Ein Gesetz, welches bereits bis zum Jahre 1986 Gültigkeit hatte und nun dafür sorgen soll, den Verkehr sicherer und nachhaltiger zu machen. Das aber auch die Attraktivität von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und hochautomatisierten Fahrfunktionen bei jungen Fahranfängern erhöhen soll.

Im lokalo.de Interview, haben wir bei Christian Winter (C.W.), Inhaber und Fahrlehrer der Fahrschule Winter in der Trierer Saarstraße, einmal genauer nachgefragt.

lokalo.de: Herr Winter, welche konkreten Auswirkungen hat das neue Gesetz auf die Ausbildung in der Fahrschule?

C.W.: Konkret besagt das neue Gesetz, dass Ausbildung und Prüfung komplett auf einem Automatik-Fahrzeug gemacht werden können und der Auszubildende anschließend, ohne eine zusätzliche Fahrerlaubnisprüfung auch einen Schaltwagen fahren darf. Voraussetzung sind jedoch minimum zehn Fahrstunden auf einem Fahrzeug mit Schaltgetriebe sowie eine anschließende 15-minütige Testfahrt in der Fahrschule. Wie diese Testfahrt im Genauen zu bewerten sein wird, kann aktuell noch nicht gesagt werden.

lokalo.de: Hat die Gesetzesänderung auch Auswirkungen auf schon bestehende Führerscheine?

C.W.: Ja, bisherige Inhaberinnen und Inhaber einer Fahrerlaubnis mit Automatik – also der Eintragung 78 – haben nun die Möglichkeit, in einem verkürzten Verfahren und ohne zusätzliche Fahrerlaubnis-Prüfung durch den TÜV, auch Schaltgetriebe zu fahren.

Hierzu kann jeder ab April in die Fahrschule kommen und vergleichbar mit der neuen B196-Regelung (lokalo.de berichtete), einen entsprechenden Ausbildungsschein erwerben. Hervorzuheben ist hierbei, dass im Gegensatz zum „B 196“ dieser Schein auch im Ausland Gültigkeit besitzt.

lokalo.de: Wie war das bislang geregelt?

C.W.: Bislang durfte mit einer Ausbildung und Prüfung auf dem Automatik-Fahrzeug, auch tatsächlich nur ein Automatik-Fahrzeug geführt werden. Eine bis dahin notwendige Zusatzprüfung beim TÜV (zum Fahren von Schaltgetrieben), entfällt nun voraussichtlich.

lokalo.de: Welche Motivation steckt hinter der neuen Regelung, warum soll eine solche Änderung kommen?

C.W.: Grundsätzlich kommt die Änderung durch den Gesetzgeber und nicht von den Fahrschulen selbst. Diese müssen die neuen Vorgaben jedoch natürlich in der Ausbildung umsetzen.

Die Motivation der voraussichtlichen Änderungen gilt es vor allem in einem größeren Kontext zu betrachten. So gibt die EU vor, den zukünftigen CO2 Ausstoss, also die direkten Emissionen, drastisch zu reduzieren – beispielsweise durch die Verpflichtung der Autohersteller immer schadstoffärmere Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Richtwerte der CO-2 Bilanz können nur den Vorgaben entsprechend eingehalten werden, wenn es ein größeres und neues Angebot auf dem Elektro-Fahrzeug-Markt gibt.

In England beispielsweise sollen Verbrennungsmotoren bis 2030 komplett verbannt werden. In Norwegen gibt es bereits 50 Prozent nur E-Autos. Auch in Deutschland müssen die Hersteller reagieren, ansonsten drohen Strafzahlungen.

Foto: Volkswagen

lokalo.de: Welche neuen „Anreize“ entstehen nun?

C.W.: Bislang wird die Automatik-Ausbildung sehr wenig angenommen – Eltern und Schüler zeigen sich noch skeptisch und haben Bedenken. Die voraussichtlichen Änderungen machen die Automatik-Ausbildung entsprechend attraktiver. Ohne eine eigene TÜV-Prüfungsfahrt wird der Erwerb des Führerscheines für Schaltgetriebe einfacher integriert, wodurch eine Automatik-Ausbildung noch interessanter wird.

Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge sind ohne Ausnahme immer Automatik-Fahrzeuge. Diese werden in den kommenden Jahren, auch aufgrund der oben genannten umzusetzenden Richtlinien, zukünftig immer wichtiger – der Schritt zu neuen Fahrzeugen und somit auch zur „Automatik“ ist unausweichlich und nicht mehr zu vermeiden.

lokalo.de: Warum sollte mein Kind in der Fahrschule die Automatikausbildung machen?

Foto: Volkswagen

C.W.: Elektrofahrzeuge sind die „Automobile Zukunft“ – es wird kommen. Eine Automatikausbildung ist daher empfehlenswert um optimal vorbereitet zu sein, beispielsweise durch das direkte Erlernen der entsprechenden und wirklich guten Assistenzsysteme.

Höchstwahrscheinlich werden auch weniger Fahrstunden notwenig sein, da alleine das Themenfeld der optimalen Schaltung, welches normalerweise einen großen Bereich der Ausbildung einnimmt, nun entfällt.

Allgemein ist die Chance da, dass die Ausbildung für die Schülerinnen und Schüler stressfreier wird. Meiner Meinung nach kann ein stressmindernder Faktor besonders in Bezug auf die oftmals für den Auszubildenden besondere Stresssituation der Praktischen Prüfung gesehen werden. Diese wird für den Fahrschüler etwas „einfacher“ – beispielsweise entfallen klassische Stresspunkte wie eine falsche Gangwahl im Berg, es gibt kein Abwürgen, im Berg Anfahren etc..

lokalo.de: Welche Vorbereitungen hin zur neuen „Automobile Zukunft“ sind für dich als Inhaber der Fahrschule Winter, ein Trierer Familienbetrieb seit 1957, zu treffen?

C.W.: Wir als Fahrschule Winter sind sehr gut auf die aktuelle Situation vorbereitet und bestens aufgestellt für die Zukunft. Bereits vor drei Jahren integrierten wir als erste Fahrschule Triers den e-golf als reines Elektro-Auto in unserer Flotte – im Januar kommt ein weiteres hinzu (ID 4). Zwei weitere Automatik-Fahrzeuge sind ebenfalls in unserer Fahrzeug-Flotte.

lokalo.de: Herr Winter, vielen Dank für das ausführliche und interessante Interview

C.W.: Sehr gerne.

Das Interview führte Sebastian Schmitz.

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