Tierseuchen-Bilanz: Blauzungenkrankheit kehrte zurück – erstmals Rinderseuche nachgewiesen

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Symbolbild; Foto:dpa

RLP. Die Tierseuchensituation in Rheinland-Pfalz war im vergangenen Jahr geprägt vom Wiederauftreten der Blauzungenkrankheit bei Rindern. Das zeigt die Bilanz des Landesuntersuchungsamtes (LUA) zur Tiergesundheit 2019. Eine Besonderheit stellte zudem der erstmalige Nachweis der Wild- und Rinderseuche im Land dar.

Tierseuchen möglichst früh zu erkennen – das ist eine der Aufgaben des LUA. Es ist die zentrale Einrichtung für die Diagnostik anzeigepflichtiger Tierseuchen, meldepflichtiger Tierkrankheiten, Zoonosen und sonstiger Erkrankungen in Rheinland-Pfalz. Seine Untersuchungen ermöglichen es, den Gesundheitsstatus der Nutz- und Wildtierpopulation ständig zu überwachen und den Gesundheitsschutz für Mensch und Tier zu gewährleisten. Nicht zuletzt wird dadurch sichergestellt, dass nur Lebensmittel von gesunden Tieren in den Handel gelangen.

„Insgesamt hat das LUA im Rahmen der Tierseuchendiagnostik im vergangenen Jahr 320.266 Proben untersucht. Die Probenzahl ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 40.000 angestiegen“, stellte LUA-Präsident Dr. Stefan Bent fest. Der Grund dafür waren die Handelsuntersuchungen auf die Blauzungenkrankheit. Die Tierseuche war im Winter 2018 in Baden-Württemberg aufgetreten und hatte im Januar 2019 auch Rheinland-Pfalz erreicht. Es war der erste Nachweis im Land seit Mai 2009. Im Laufe des Jahres wies das LUA den Erreger vom Serotyp 8 (BTV-8) in insgesamt sechs Betrieben nach.

Die Folge: Ganz Rheinland-Pfalz wurde zum Restriktionsgebiet erklärt – mit deutlichen Einschränkungen für den Handel: Empfängliche Tiere dürfen grundsätzlich nicht in restriktionsfreie Gebiete verbracht werden. Dies gilt auch für Samen, Eizellen oder Embryonen. Ausnahmen sind unter Auflagen möglich, etwa wenn die Tiere nachweislich geimpft sind oder die Erregerfreiheit durch eine Untersuchung festgestellt wurde. Speziell diese Untersuchungen führten im Institut für Tierseuchendiagnostik des LUA im Laufe des Jahres zu dem deutlichen Anstieg der Probenzahlen.

„Seit Herbst 2019 unterstützen wir die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit mit den Serotypen 4 und 8 gemeinsam mit der Tierseuchenkasse: Für Rinder erhalten Landwirtinnen und Landwirte einen Zuschuss je Impfung in Höhe von 1,50 Euro, für Schafe und Ziegen in Höhe von 1 Euro. Die Impfung bietet einen verlässlichen Schutz gegen die Blauzungenkrankheit. Daher rufe ich alle Landwirtinnen und Landwirte in Rheinland-Pfalz dazu auf, eine Impfung für Rinder, Schafe und Ziegen vorzunehmen“, sagte Umweltministerin Ulrike Höfken. Tierhalter können den Impfzuschuss über ihren Tierarzt bei der Tierseuchenkasse beantragen.

Als Hauptüberträger des Virus der Blauzungenkrankheit (BTV) gelten kleine blutsaugende Mücken (Gnitzen). Für den Menschen ist der Erreger ungefährlich. Fleisch und Milch infizierter Tiere können ohne Bedenken verzehrt werden. Während Schafe gering bis stark ausgeprägte Symptome zeigen können, verläuft die Erkrankung bei Rindern und Ziegen meist ohne eindeutig erkennbare Krankheitsanzeichen. Mögliche Symptome können sein: Fieber, Apathie, Zyanosen (Blaufärbung), Geschwüre und Nekrosen in Haut und Maulschleimhaut, an Lippen, Flotzmaul, Zitzen und Euter sowie an den Gliedmaßen mit eventuell einhergehender Lahmheit.

Neue Seuche in Rheinland-Pfalz

Erstmals überhaupt wurde die Wild- und Rinderseuche im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz nachgewiesen. Die bakterielle Erkrankung ist für Menschen ungefährlich, führt bei Wild- und Nutztieren aber zu gehäuften plötzlichen Todesfällen. Symptomlos infizierte Wildtiere gelten als Reservoir für den Erreger und können ihn durch direkten oder indirekten Kontakt, zum Beispiel über das Wasser in Tränken, auch auf Nutztiere übertragen.

Typische klinische Anzeichen der Seuche sind hohes Fieber, Schwäche, Atemnot, blutiger Durchfall, Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe (Ödeme) an Kopf, Hals und Vorderbrust sowie multiple Blutungen. Treten die Krankheitssymptome nach der Inkubationszeit von ein bis fünf Tagen bei einem Tier auf, kommt in der Regel jede Therapie zu spät. Eine Bekämpfung der Infektion mit Antibiotika ist nur in der Frühphase erfolgversprechend. Einen zugelassenen Impfstoff gibt es in Deutschland nicht.

Einige der typischen Symptome zeigte auch das gut zwei Jahre alte männliche Rind aus dem Westerwald, das zur Feststellung der Todesursache ans LUA geschickt worden war. Es stammte aus einer Weidehaltung mit vier Tieren, wovon zwei innerhalb kurzer Zeit verendet waren und eine Schwellung des Kopfes aufwiesen. Untersuchungen erbrachten den molekularbiologischen Nachweis von Pasteurella multocida „Kapseltyp B“, dem Erreger der Wild- und Rinderseuche.

In Deutschland gilt die Seuche wegen des insgesamt hohen seuchenhygienischen Standards als getilgt und wird auch nicht mehr staatlich bekämpft. Seit 2010 wurde sie vereinzelt wieder in verschiedenen Bundesländern nachgewiesen, und zwar im Rahmen zeitlich und räumlich begrenzter Ausbrüche bei Rindern und Wildwiederkäuern sowie Schweinen und Wildschweinen. Der Nachweis in Rheinland-Pfalz unterstreicht die Notwendigkeit regelmäßiger differenzialdiagnostischer Untersuchungen zur Feststellung der Erkrankungs- und Todesursachen bei Nutz- und Wildtieren.

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