“Flossen weg“ – Kampagne soll sexuellen Übergriffen in Bädern vorbeugen

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Flyer zur "Flossen weg!"-Kampagne sind zu sehen. Foto: Lennart Stock/Archivbild

MAINZ. Sexuelle Belästigung ist immer wieder Thema in Schwimmbädern. Das Mainzer Frauenbüro will nun mit einer Präventionskampagne sensibilisieren – und hofft, dass sich weitere Städte anschließen.

Nicht anstarren – und grapschen schon gar nicht: In den Mainzer Freibädern sollen künftig Flyer, Aufkleber und Plakate auf diese Tabus hinweisen. Unter dem Motto «Flossen weg!» wollen die Initiatoren ein klares Signal aussenden: «Gewalt und Übergriffe jeglicher Art werden bei uns nicht geduldet», sagte Eva Weickart vom Mainzer Frauenbüro am Mittwoch.

Die Plakate und Flyer sind seit dem Start der Freiluft-Saison in den beiden Mainzer Freibädern zu finden. Auf beiden hält ein gezeichneter Hai ein Schild mit dem Titel «Flossen weg!» und «Privatsphäre respektieren» in die Höhe. Dazu sind drei Piktogramme abgebildet, jeweils mit der Bedeutung: Keine Fotos, Nicht grapschen und Spannen verboten.

Beschwerden von Badegästen oder einen aktuellen Anlass für die Kampagne habe es nicht gegeben, machten die Initiatoren zum Kampagnenstart deutlich. Dennoch sei sexuelle Belästigung immer wieder ein Thema. Vor allem die Vorgänge in der Kölner Neujahrsnacht habe das Bewusstsein dafür geschärft, sagte Torsten Traxel vom Mainzer Schwimmverein, der das Mombacher Schwimmbad betreibt. Seitdem gebe es in seinem Bad regelmäßige Schulungen.

Daran knüpft «Flossen weg!» nun an. Die Mainzer Polizei und der Frauennotruf schulten zum Saisonstart die Badmitarbeiter, um den Blick für mögliche sexuelle Übergriffe zu schärfen. Zufällige Berührungen, Anstarren oder anzügliche Bemerkungen – die Grenze zum sexuellen Übergriff sei nicht immer sofort eindeutig zu bestimmen, sagen die Initiatoren.

Umso wichtiger seien daher klare Verhaltenstipps. Wenn tatsächlich etwas passiere, gelte mittlerweile in den Mainzer Bädern ein klarer Grundsatz, sagte Traxel: «immer Polizei, immer Hausverbot. Solche Menschen wollen wir nicht im Schwimmbad haben.»

Genaue Zahlen zu sexuellen Übergriffen in Schwimmbädern gibt es allerdings kaum. Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wurden 2017 in Schwimmbädern 30 Sexualstraftaten erfasst – darunter verschiedene Delikte wie sexuelle Nötigung oder die Verbreitung pornografischer Schriften. 2018 waren es 34.

«Wir wissen natürlich nicht, wie hoch die Dunkelziffer ist», sagte Traxel. Beispielsweise sei das in der Badeordnung vorgesehene Fotografierverbot mitunter schwer umzusetzen. Wer mit seinem Handy am Beckenrand oder gar im Becken fotografiere, werde rigide ermahnt, sagte Traxel. Die Umsetzung auf den Liegewiesen sei da schon schwieriger. «Bei 8000 Besuchern im Bad haben sie mindestens 7000 Handys. Das geht nicht.»

Das Problem der Handykameras am Beckenrand kennt auch der Vorsitzender des Ersten Offenbacher Schwimmclubs (EOSC), Matthias Wörner. Seit einigen Jahren ist das Filmen und Fotografieren im Waldschwimmbad der hessischen Großstadt deswegen verboten. Wer sein Smartphone trotzdem nutzen will, kann sich an den Kassen sogenannte Cam-Sticker zum Überkleben holen.

Die Idee und das Design zu «Flossen weg!» kommt ursprünglich aus Recklinghausen in Nordrhein-Westfahlen. Dort entwickelte die Gleichstellungsstelle 2016 das Projekt zusammen mit Schülern. Die Mainzer Initiatoren hoffen nun, dass die Idee Schule macht. Bundesweit gibt es nach Angaben des Mainzer Frauenbüros noch vier bis fünf ähnliche Kampagnen. Im Rhein-Main-Gebiet sind die Mainzer bislang die einzigen.

Allerdings gebe es eine «ganze Fülle» von Programmen gegen sexuelle Gewalt, die ständig ausgebaut und weiterentwickelt würden, teilte die Stadt Darmstadt mit. Die Bäderbetriebe Frankfurt entwarfen zuletzt Flyer, um auf das Film- und Fotografierverbot in der Hausordnung hinzuweisen.

Bundesweit sei von den Bädern bislang auch kaum Bedarf an zusätzlicher Aufklärungsarbeit angemeldet worden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. Der Verband sehe daher derzeit «keinen akuten Handlungsbedarf», um solche Kampagnen auf den Weg zu bringen. Allerdings betonte die Sprecherin, dass die Bäder bereits an vielen Stellen Präventionsarbeit leisteten: etwa mit der Schulung der Bademeister und Rettungsschwimmer oder mit Videoüberwachung.

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