Theatersanierung? Aber ja! Krefeld hat es den Trierern vorgemacht

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TRIER. Es sind schon fast Kapriolen, die das Thema Theater in Trier schlägt. Zunächst hieß es jahrelang, der alte Kasten müsse weg. Es gibt keine Alternative und ein Neubau muss her. Jetzt heißt es auf einmal: alles auf null und alles noch einmal überdenken. Dazu heißt es auch noch: wie wäre es mit eine Sanierung des „alten Kasten?“


Vielleicht kann Trier ja von Glück reden, dass mit Wolfram Leibe ein neuer Oberbürgermeister am Augustinerhof eingezogen ist, der offensichtlich nicht immer nur Neues will. Der erst einmal hingeht und prüft, was mit den vorhandenen Ressourcen zu machen ist. Vielleicht schafft er es ja auch, all die Medienberichte Lügen zu strafen, die das Gebäude aus dem Jahr 1964 als „marode“ bezeichnen oder ihn gar schon als „Leichnam“ sehen.

Erst einmal stellt sich ja die Frage, wie marode das Gebäude denn wirklich ist. Wenn diese Klassifizierung wirklich stimmt, dann muss man sich ja fragen, warum es überhaupt noch zum Bespielen freigegeben ist. Laut dem Duden bedeutet „marode“, dass etwas heruntergekommen, ruiniert und abgewirtschaftet ist. Ist es das wirklich?

Sparpolitik, die man ablesen kann

Ja, es stimmt wohl, dass man an dem Bauwerk ablesen kann, wie lange hier nicht mehr saniert wurde, weil man die Notwendigkeit von Unterhaltungsmaßnahmen immer wieder verschoben hat. Eine Sparpolitik, die sich heute rächt. Und auch eine Sparpolitik, die man an manchen Stellen in Trier ablesen kann.

Vielleicht kann Trier auch von Glück reden, dass es mit dem neuen Intendanten Karl Sibelius einen Theaterleiter gefunden hat, der ganz plötzlich sein Herz für das bestehende Haus entdeckt, wie die Kollegen vom Trierischen Volksfreund zu berichten wissen. Sibelius, so steht dort zu lesen, geht davon aus, dass das Haus erhalten bleibt und er habe schon eine Architektin, die sich mit Theaterbauten auskenne und ihm gesagt habe, dass das Haus erhaltenswert ist. Gott sei Dank, möchte man ausrufen und gleich hinterher kommt die Frage auf, warum denn nicht schon früher jemand auf diese Idee kam.

Auch Krefeld hat einen Graubner-Bau

Gerhard Graubner hat das Trierer Theater 1964 gebaut. Aber es war durchaus nicht sein erster Musentempel, den er da errichtet hat. Beispielsweise hatte auch die Seidenweberstadt Krefeld, ein Jahr bevor Trier den Augustinerhof bebaute, sein Theater von dem renommierten Architekten bauen lassen. Wer das Krefelder Haus besucht, bemerkt sofort, dass hier derselbe Zeichenstift am Werk war, wie in Trier. Die Stadt am Rhein hatte offensichtlich vergleichbare Probleme, wie wir sie heute an der Mosel haben. In Krefeld wurde der Graubner-Bau von 1963 schon 2008 saniert. Mit dem Ergebnis, dass dieses Haus nach wie vor bespielt wird und das Publikum gerne dort hingeht.

Eine Sanierung für 9,5 Millionen

lokalo.de hat nachgefragt und wollte vom Geschäftsführer Michael Magyar wissen, was denn in Krefeld alles angepackt wurde und in welchem Kostenrahmen es sich bewegte. Die Gesamtkosten beliefen sich danach auf rund 9,5 Millionen Euro, wobei der Brandschutz, der nach den heutigen Vorschriften eingebaut werden musste, mit rund drei Millionen den größten Brocken darstellte.

Hinzu kam eine überarbeitete Bestuhlung, die mit einer Million zu Buche schlug. Außerdem musste man in die Bühnentechnik rund 700.000 Euro investieren. Insgesamt wurde die Spielstätte für ein Jahr geschlossen und die Auslagerung in einen anderen Spielort kostete rund 1,5 Millionen. Ein weiterer Kostenpunkt war der Einbau eines Aufzuges, der das Haus auch für Menschen mit Behinderung nutzbar macht.

Das Stadttheater der Stadt Krefeld. Erbaut von Gerhard Graubner im Jahre 1963.
Das Stadttheater der Stadt Krefeld. Erbaut von Gerhard Graubner im Jahre 1963.

Irgendwie klingelt es da. Brandschutz? Aufzug? Sind das nicht Maßnahmen, die in Trier vor wenigen Jahren auch schon durchgeführt wurden? 1,87 Millionen Euro hat die Stadt dafür investiert und Dezernent Egger war damals in der Rathaus Zeitung stolz darauf, dass die kalkulierten Kosten mit den tatsächlichen Ausgaben übereinstimmten.

Alles, was wünschenswert gewesen wäre, konnten sich die Krefelder damals nicht leisten. So hätte eigentlich einiges in die Bühnentechnik investiert werden müssen, was aber mangels Finanzen verschoben wurde. Das aber kann in Trier nicht zum Tragen kommen, denn die Bühnentechnik ist in einem guten Zustand.

Auch bei den Sanitäreinrichtungen hat man sich in Krefeld einiges Sparen müssen, weil die Mittel fehlten. Eigentlich war da mehr geplant, aber bei der Sanierung stellte man fest, dass die komplette Außenfassade überholt werden musste. Da kamen 2,4 Millionen Extrakosten auf die Stadt am Rhein zu, die irgendwo anders einzusparen waren.

Das Krefelder Haus steht unter Denkmalschutz

Die Krefelder sind glücklich mit der Lösung, die sie gefunden haben. Vor allem sind sie glücklich darüber, dass ihr Graubner-Bau nach wie vor steht. Bei ihnen war und ist nicht die Rede von einem alten Kasten oder gar von einem Leichnam. Nachdem sie ihr Theater saniert hatten, haben sie es sogar unter Denkmalschutz gestellt.

Vielleicht wäre die Stadt ja gut beraten, einmal in Krefeld nachzufragen und sich dort, wo man schon Erfahrung hat, Rat zu holen. Abgerissen ist schnell. Wo aber die mindestens 55 Millionen für ein neues Haus herkommen sollen, ist schleierhaft. Trier ohne Theater ist undenkbar. Ein Neubau aber auch.

Diese Pläne sind hoffentlich bald komplett vom Tisch. Vielleicht kommt ja dann irgendwann auch die Zeit, wo Trier nicht nur auf seine römischen, gotischen und barocken Denkmäler stolz ist, sondern auch auf ein Denkmal aus den 1960er Jahren des letzten Jahrhunderts.

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1 Kommentar

  1. In St. Vith 100 Kilometer von Trier entfernt, hat man für 7,2 Millionen Euro ein neues Theater errichtet,
    besonders stolz ist man auf die tolle Akustik, Ein Vielzweckbau der sogar Gewinn abwirft.
    Es geht also auch anders. Nicht immer weiter, höher, schneller, nur weil Subventionen, die an anderer Stelle fehlen, winken !

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