Brisantes im Trierer Cyberbunker-Prozess: Über Kunden wurde nie gesprochen

In einem der bundesweit größten Cybercrime-Prozesse hat einer der Angeklagten weitere Einblicke in den Betrieb im «Cyberbunker» gewährt. Von den illegalen Dingen, die da liefen, will er zunächst nichts gewusst haben.

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TRIER.  Im sogenannten Cyberbunker in Traben-Trarbach an der Mosel soll nach Aussage eines der Angeklagten nie über Kunden gesprochen worden sein. «Es gab keine Namen», sagte der Niederländer am Donnerstag vor dem Landgericht Trier.

Einmal in 2016 aber habe der Hauptangeklagte X. ihm eine linksradikale Webseite eines Neukunden gezeigt. Was von welchen Kunden über die Server geschickt worden sei, habe ihn aber nicht beschäftigt, sagte der 50-Jährige, der laut Anklage als «Manager» in dem Darknet-Rechenzentrum aktiv gewesen sein soll. Der bis Ende 2021 terminierte Prozess in Trier ist eines der bundesweit größten Verfahren gegen Internetkriminalität.

Der 50-Jährige ist einer von acht Angeklagten, die sich seit dem 19. Oktober vor dem Landgericht Trier verantworten müssen. Sie sollen unter der Erde illegale Webseiten gehostet haben, über die Kriminelle aus aller Welt millionenschwere Geschäfte im Darknet abwickelten. Die Anklage wirft der Bande Beihilfe zu mehr als 249 000 Straftaten vor: Vor allem Drogendeals, aber auch Cyberangriffe, Falschgeldgeschäfte und Datenhehlerei sollen über die Schaltstelle gelaufen sein. Die Anlage war vor gut einem Jahr aufgeflogen.

Der Niederländer, der sich detailreich im Prozess als Erster zur Sache einlässt, berichtete zudem über Kontakte vor Ort im alten Bunker mit mutmaßlichen Kriminellen. So sei ein in Irland einst als «Drogenbaron» bekannter Mann immer wieder zu Besuch gekommen. Der Ire habe sich mit dem Hauptangeklagten in dem ehemaligen Bunker unterhalten und sei dann wieder weggefahren. Über was geredet worden sei, wisse er nicht, sagte der Niederländer.

Auch ein mutmaßlicher Internetkrimineller habe von Mitte 2015 bis Mitte 2016 mit in der unterirdischen Anlage gewohnt. Es habe aber Probleme gegeben, er sei dann gegangen. Der Angeklagte betonte, er habe immer wieder gesagt, dass es im Bunker «nichts Illegales» geben dürfe. «Ich war begeistert von Traben-Trarbach. Ich habe gedacht, dass es eine Zukunft da gibt.» Von IT und den Geschäften, die über Hunderte von Servern liefen, habe er nichts verstanden. Er habe versucht, Struktur im Team reinzubekommen – und im Auftrag von X. Arbeiten erledigt.

Dazu gehörten neben dem Verlegen von Kabeln, dem Aufbau von Servern auch die Einzahlung von Bargeld oder der Einkauf von Möbeln. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Jörg Angerer war der 50-Jährige zeitweise auch für «Abuse» (Missbrauch)-Meldungen zuständig, die bei dem Hoster mit dem Hinweis auf illegale Aktivitäten eingegangen seien. Auf diese Meldungen, die von staatlicher oder privater Seite kommen konnten, sei aber nicht reagiert worden, sagte Angerer.

Zu dem Thema «Abuse» will der Niederländer am nächsten Prozesstag am Montag Angaben machen. Bislang sind von seiner in 15 Kapiteln eingeteilten Einlassung vier Punkte abgehakt.

Angeklagt sind vier Niederländer, drei Deutsche und ein Bulgare im Alter von 21 bis 60 Jahren. Sie sollen in wechselnder Beteiligung die Webseiten in dem illegalen Datenzentrum betrieben haben und dadurch Beihilfe zu den von ihren Kunden begangenen Straftaten geleistet haben. «Rädelsführer» ist laut Anklage der 60-jährige Niederländer X. gewesen, der den Bunker 2013 erworben und ausgebaut hatte.

X. habe sehr viel Wert auf eine «sichere», nicht abhörbare Kommunikation gelegt, sagte der Angeklagte weiter aus. «Er hat nie telefoniert.» Er habe mit ihm über eine von X. entwickelte App kommuniziert, die «supersicher» gewesen sei.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ist der Trierer Prozess einmalig: Erstmals stehen demnach die Betreiber krimineller Plattformen im Darknet vor Gericht. Der Cyberbunker warb bei seinen Kunden damit, vor dem Zugriff der Polizei «bulletproof» (kugelsicher) zu sein.

Die zentrale Frage in dem Mammutprozess ist: Kann man den Angeklagten nachweisen, dass sie von den illegalen Machenschaften ihrer Kunden wussten? Der Hauptangeklagte hatte angegeben, nichts von den Inhalten auf den Servern gewusst zu haben. Einer seiner Anwälte, Uwe Hegner, sagte am Donnerstag, dass man nach der Einlassung des 50-Jährigen entscheiden werde, ob und zu welchen Punkten sich X. einlassen werde.

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