SAARBRÜCKEN. Die Vorschrift zur Kontaktnachverfolgung der saarländischen Corona-Verordnung ist nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes verfassungswidrig. Es handele sich dabei um einen «Grundrechtseingriff von einer derartigen Intensität, dass nur ein Parlamentsgesetz, nicht aber eine Rechtsverordnung der Landesregierung, ihn rechtfertigen kann», teilte der Gerichtshof am Freitag in Saarbrücken mit.
Vorschrift bleibt bis zur Neuregelung in Kraft
Die Vorschrift bleibe dennoch bis zu einer Neuregelung durch den Landtag vorübergehend – längstens aber bis zum 30. November 2020 – in Kraft. Solange dürften personenbezogene Daten, die nach der Vorschrift erhoben würden, nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung an die Gesundheitsbehörden übermittelt werden.
Bürger von grundrechtlichen Freiheiten abgehalten
Die Verfassungsrichter führten aus, dass durch die Vorschrift persönliche Daten nicht nur beim Besuch von Gaststätten erhoben würden, sondern auch bei Gottesdiensten sowie politischen und gesellschaftlichen Zusammenkünften. Damit sei die Kontaktnachverfolgung durchaus geeignet, «Bürgerinnen und Bürger von der Ausübung grundrechtlicher Freiheiten entscheidend abzuhalten und Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen».
Über einen solchen Eingriff dürfe nicht nur die Exekutive allein entscheiden, hieß es in einer Mitteilung des Verfassungsgerichtshofs. Vielmehr sei das Parlament berufen, «in öffentlicher, transparenter Debatte Für und Wider abzuwägen, vor allem aber die Verwendung der Informationen rechtssicher zu machen», hieß es.
Verfassungsbeschwerde ging auch gegen Mund-Nasen-Schutz
Mit der Entscheidung reagierte der Gerichtshof auf eine Verfassungsbeschwerde eines im Saarland lebenden Bürgers, der sich durch die Vorschriften zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und zur Kontaktnachverfolgung in seinen Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit und auf Datenschutz verletzt sah. Anders als die Vorschrift zur Kontaktnachverfolgung sei die Maskenpflicht verfassungsgemäß, hieß es in dem Beschluss vom Freitag.
Denn dabei sei der Grundrechtseingriff gering: Die Maskenpflicht sei zeitlich eng begrenzt, verlange wenig Aufwand und könne im Wesentlichen als lästig betrachtet werden. Sie führe aber nicht zu großen Einschränkungen der Fortbewegungs- und Entfaltungsfreiheit.