Debatte um Rückkehr in Normalität nimmt Fahrt auf – 2% mehr Infektionen

Die Zeitspanne, in der sich die Corona-Infektionen in Rheinland-Pfalz verdoppeln, liegt nun bei mehr als zwei Wochen. Die Debatte über eine Rückkehr in die Normalität nimmt Fahrt auf. Derweil spendet ein Großkonzern mehr als 100 Millionen Schutzmasken.

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Foto: dpa-Archiv

MAINZ. Kurz vor den Bund-Länder-Gesprächen über mögliche Wege zurück Richtung Normalität ist die Zahl bestätigter Corona-Infektionen in Rheinland-Pfalz binnen 24 Stunden um 2,0 Prozent auf 4939 gestiegen. Dies teilte das Gesundheitsministerium am Dienstag in Mainz mit. Die tägliche Steigerungsrate blieb damit auf dem Niveau der vergangenen Tage, nachdem sie Ende März noch zweistellig war. Die Zeitspanne, in der sich die Infektionen verdoppeln, liegt jetzt rückblickend bei mehr als zwei Wochen. Seit dem ersten Auftreten der Corona-Pandemie Ende Februar sind in Rheinland-Pfalz 77 infizierte Menschen gestorben. Das sind – Stand Dienstag 10.00 Uhr – sechs mehr als am Vortag.

An diesem Mittwoch (15. April) beraten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten einschließlich der rheinland-pfälzischen Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) über mögliche Wege zurück Richtung Normalität. Das öffentliche Leben in Deutschland ruht bereits seit einem Monat.

SCHULEN – Wann die geschlossenen Schulen in Rheinland-Pfalz wieder öffnen, ist noch nicht entschieden. Das Bildungsministerium in Mainz rechnet aber damit, dass dies in mehreren Schritten geschehen wird. «Klar ist, dass der Gesundheitsschutz ganz oben steht und Schulen nur stufenweise geöffnet werden können», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Die nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina hatte dazu einige Hinweise gegeben. «Die Länder arbeiten an unterschiedlichen Szenarien, wie es nach den Osterferien in den Kitas und Schulen weitergehen kann», sagte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz. Entscheidend werde aber sein, was die Bund-Länder-Gespräche an diesem Mittwoch ergäben.

KRITIK AN LEOPOLDINA – Der Philologenverband Rheinland-Pfalz kritisiert die Empfehlung der Leopoldina, zuerst Grundschulen und die Sekundarstufe I schrittweise zu öffnen. «Das ist überhaupt nicht in unserem Sinne», sagte die Verbandsvorsitzende Cornelia Schwartz der dpa. «Wir müssen die Oberstufe zuerst wieder in die Schule bringen – sonst sind in ein paar Jahren keine gescheiten Abiturzeugnisse möglich.» Da für die Notenfestlegung im Abitur die letzten vier Halbjahreszeugnisse zählten, müssten bei einer stufenweisen Öffnung der derzeit geschlossenen Schulen die Schüler der 11. und 12. Klassen besonders in den Blick genommen werden, sagte die Landesvorsitzende der Vertretung von Gymnasiallehrkräften.

WENIGER KOMMUNALE EINNAHMEN – Angesichts massiver Ausfälle von Einnahmen wegen der Corona-Krise rufen Städte, Gemeinden und Kreise nach verstärkten Finanzhilfen. «Ganz gleich, ob bei der Gewerbesteuer, beim ÖPNV oder bei den Tickets für Museen und Schwimmbädern – überall brechen uns die Einnahmen weg», sagte am Dienstag der stellvertretende Vorsitzende des Städtetags Rheinland-Pfalz, der Landauer Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU). Zugleich entstünden Mehrkosten beim Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Die CDU-Landtagsfraktion forderte das Land zu einem «kommunalen Stabilitätspakt» auf. Die vom Land im Nachtragshaushalt für die Kommunen eingestellten 100 Millionen Euro reichten nicht aus und seien bislang auch noch nicht angekommen.

BASF-SPENDE – Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland spendet der Chemiekonzern BASF 100 Millionen Mund-Nasen-Schutzmasken an den Staat. Zusätzlich gebe das Unternehmen dem Land Rheinland-Pfalz eine Million Masken, teilte BASF am Dienstag in Ludwigshafen mit. Die Masken werden demnach in China eingekauft und für den Versand nach Deutschland vorbereitet. «Eine Notsituation wie diese können wir nur alle gemeinsam bewältigen», sagte BASF-Chef Martin Brudermüller. «Wir nutzen daher unsere Einkaufsnetzwerke und unsere Logistik in China, um zu helfen.» Das Unternehmen kommt für die Kosten des Einkaufs und des Transports auf.

KURZARBEIT – Angesichts Tausender Anzeigen zur Kurzarbeit in Rheinland-Pfalz und im Saarland sieht die Bundesagentur für Arbeit die Wirtschaft in der Corona-Krise vor großen Herausforderungen. Viele Branchen verzeichneten massive wirtschaftliche Einbußen und dächten darüber nach, wie es weitergehen könne, sagte Chefin Heidrun Schulz von der Regionaldirektion in Saarbrücken der dpa. «Um die Zeit der Krise zu überwinden und Beschäftigte zu halten, greifen viele Unternehmen auf Kurzarbeit zurück.» Kurzarbeitergeld sei eine Pflichtleistung: «Wer einen Anspruch hat, erhält sie.» Die jüngste Bilanz ergibt rund 25 000 Kurzarbeit-Anzeigen für Rheinland-Pfalz und etwa 7000 für das Saarland – Tendenz steigend.

EXIT FÜR UNTERNEHMEN – Vor den Bund-Länder-Gesprächen an diesem Mittwoch spricht sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Rheinhessen für ein stufenweises Hochfahren der Wirtschaft aus. IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz erklärte, es müsse eine Exit-Strategie entwickelt werden, «die die Gesundheit der Menschen ebenso wie den Erhalt der Wirtschaft berücksichtigt».

DIGITALES UNI-SOMMERSEMESTER – Die Universitäten sehen sich für das wegen der Corona-Krise voraussichtlich größtenteils digital organisierte Sommersemester gut gerüstet. An der Uni Koblenz-Landau zum Beispiel sagte der Sprecher Gerhard Lerch, diese habe beim E-Learning sehr viel Kompetenz und Erfahrung. Unterstützung für Studierende und Dozenten biete etwa das Institut für Wissensmedien. Zudem helfe die Hochschuldidaktische Arbeitsstelle am Campus Landau Dozierenden dabei, ihr Angebot effektiver zu gestalten. Schwierig sei eine digitale Umsetzung etwa bei Hochschulsport und Forschungspraktika.

WARNUNG VOR CYBERATTACKEN – Der Landesdatenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann warnt vor Nachlässigkeit beim Schutz vor Cyberattacken auf Krankenhäuser, Stadtverwaltungen und Unis in Corona-Zeiten. In Tschechien sei mit einem solchen Angriff erneut eine Klinik lahmgelegt worden, teilte er mit. Das zeige, dass vielleicht gerade in Ausnahmesituationen Schwachstellen der IT-Sicherheit ausgenutzt würden. Er habe den Eindruck, dass digitale Lösungen derzeit oft eilig und provisorisch Einzug hielten.

EUROBONDS – Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) hält nichts von gemeinsamen Anleihen auf europäischer Ebene wie Euro- oder Corona-Bonds. Es könne nicht sein, dass ein Staat die Haftung für die Ausgaben eines anderen Staates übernehme, ohne dass er Einfluss auf diese Ausgaben nehmen könne, sagte Wissing der dpa. «Das passt nicht zusammen.» Es räche sich in der Corona-Krise, dass zahlreiche Integrationsfragen in Europa auf die lange Bank geschoben worden seien.

SPENDEN FÜR KULTUR – Keine Kulturveranstaltungen wegen des Coronavirus – bei einem fiktiven Festival am 12. Mai in Koblenz heißt es laut der Stadtverwaltung «Bleibt weg und helft». Der Clou sei: «Möglichst viele Koblenzerinnen und Koblenzer kaufen ein Ticket für 15 Euro in Form einer Spende für die Koblenzer Kulturszene. Für ein Festival, das es gar nicht gibt, mit Künstlern, die weg bleiben.»

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