„Es wird nicht ohne Insolvenzen gehen“ – Streit um Vorgehen bei Corona-Zuschüssen

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Foto: dpa-Archiv

Viele Betriebe oder Kleinstunternehmer bangen in der Corona-Krise um ihre Existenz. Der Bund und auch Rheinland-Pfalz helfen mit großen Beträgen. Die kämen nicht schnell genug an, meint die Opposition. Die Förderbank ISB berichtet von ganz praktischen Problemen.

Während Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) das rheinland-pfälzische Vorgehen bei Anträgen auf Zuschüsse in der Corona-Krise verteidigt, geht der Opposition die Auszahlung des Geldes zu langsam. Es müsse möglichst schnell Liquidität für Betriebe her, sagte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf am Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtages. «Ich kann das in diesem Land so nicht erkennen.» Der AfD-Vertreter Matthias Joa forderte, das Land solle sich bei der Ergänzung zu Bundeshilfen ein Stück weit auch am Umsatz kriselnder Firmen orientieren und nicht nur an Betriebskosten.

Wissing konterte, Sorgfalt gehe vor Schnelligkeit. Ein Umsatzrückgang allein genüge nicht, um antragsberechtigt zu sein. Wenn andere Bundesländer auch auf Basis eines Umsatzrückgangs auszahlten, dann gehe das zu Lasten dieser Landeshaushalte. Er müsse darauf achten, dass Rheinland-Pfalz auch im zweiten Halbjahr 2020 und darüber hinaus handlungsfähig bleibe. Auch dann werde der Staat dringend gebraucht.

Die SPD-Abgeordnete Anna Köbberling warnte vor einem schädlichen Wettlauf zwischen den Ländern um das schnellste Auszahlen von Zuschüssen. Nordrhein-Westfalen etwa stoppte Soforthilfe-Auszahlungen wegen mutmaßlich betrügerischer Internetseiten vorübergehend. Dem dortigen Wirtschaftsministerium zufolge sollen Antragsteller, die über eine Suchmaschine Antragsformulare gesucht haben, auf Fake-Seiten gelockt worden sein. So sollen Daten für mutmaßlich kriminelle Machenschaften abgefischt worden sein.

In Rheinland-Pfalz sieht sich die Förderbank ISB, die die Anträge bearbeitet, mit zahlreichen Mehrfach-Anträgen konfrontiert. In einzelnen Fällen seien 15 gestellt worden, sagte ISB-Vorstandssprecher Ulrich Dexheimer. Zudem fehlten bei Anträgen oft Angaben wie Name, Adresse, IBAN oder Steuer-ID. Letztere sei geeignet, um Dubletten zu erkennen. Um Betrug und Missbrauch zu verhindern, werde kein Geld automatisch an Konten mit ausländischen IBANs überwiesen. Hier werde im Einzelfall geprüft.

Die Bearbeitung der Anträge sei ein «unglaublich komplexes Prozedere», sagte Dexheimer. Wissing erklärte, die Abwicklung müsse von den Ländern finanziert werden, der Verwaltungsaufwand belaufe sich allein in Rheinland-Pfalz auf einen «beachtlichen Millionenbetrag». Dexheimer geht davon aus, dass bei allen der bislang eingegangenen über 60 000 Anträge, die in Ordnung seien, bis spätestens Ende des Monates auch das Geld ausgezahlt werde.

Wissing sagte, die derzeitige Situation sei einzigartig. Nahezu alle Wirtschaftsbereiche seien von der Pandemie betroffen. «Es wird nicht ohne Insolvenzen gehen.» Wie groß der Aderlass sein werde, sei noch nicht abschätzbar. Es werde aber alles getan, um ihn so gering wie möglich zu halten. Selbst in einer Krise dürfe unternehmerisches Risiko nicht einfach kollektiviert werden. (dpa)

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