TRIER. Ein Profiboxer aus Trier? Ja, den gibt es! Am vergangenen Samstag bestritt der vierfache K1-Weltmeister Berat Aliu seinen ersten Profikampf im Supermittelgewicht – erfolgreich! Seinem ukrainischem Kontrahenten ließ „The Crocodile“ keine Chance und siegte nach vier Runden. Im Lokalo-Interview spricht der zweifache Familienvater aus Trier über seinen ersten Profikampf, die neue Herausforderung „Profiboxsport“, seine ehrgeizigen Ziele und gibt interessante Einblicke in das Box-Geschäft!
Hallo Berat, zunächst einmal Herzlichen Glückwunsch zu deinem erfolgreichen Boxprofi-Debüt am vergangenen Wochenende! Als vierfacher K1 Weltmeister hast du dich dazu entschieden jetzt ins Profi-Boxen einzusteigen. Warum hast du diesen Entschluss gefasst und wie schwer ist die Umstellung für dich als Sportler aus dem Kampfsportbereich?
Ich mache Kick- und Thaiboxen jetzt seit insgesamt 17 Jahren und durfte als vierfacher Weltmeister viele Erfolge feiern. Der Sport ermöglichte mir außerdem zahlreiche Reisen, beispielsweise durch Europa und Asien, die ich sehr genossen habe. Nun wollte ich einfach mal wissen, wie es im Profiboxen ist. Der Profiboxsport ist um einiges populärer als Kickboxen, alleine durch die Präsenz im Fernsehen und den Medien allgemein. Diese neue Herausforderung möchte ich gerne annehmen! Mit 34 bin ich auch nicht mehr der Jüngste und daher möchte ich es einfach nochmal wissen! Seit fünf Jahren bin ich dran an meiner Boxlizenz. Auslöser war tatsächlich die IFC Veranstaltung im April, dort war der ehemalige Boxtrainer von meinem Kickboxtrainer dabei, welcher meine Qualitäten gesehen hat und danach auf mich zukam, ob ich nicht Lust hätte umzusteigen – so kam das Gespräch zustande. Seit zwei Monaten bin ich jetzt dabei und bisher klappt es sehr gut.
Hand aufs Herz – Wie oft hat das Bein am Samstag im Ring gezuckt, weil du das Verlangen hattest, zu „Kicken“?
Um ehrlich zu sein, hatte ich aufgrund der Boxschuhe, welche mich ein bisschen zurückgehalten haben, keine großen Probleme das „Kicken“ zu unterdrücken. Jedoch war der Gegner kleiner als ich und hat ab und an versucht in den Infight zu gehen, da dachte ich echt für einen kurzen Augenblick: „Gibst du dem jetzt ein Knie zum Kopf oder zum Bauch?“ – aber Quatsch, es war zum Glück nicht so schwierig komplett umzustellen und sich auf das reine, klassische Boxen zu konzentrieren.
Du trittst in der Gewichtsklasse „Supermittelgewicht“ an und hast vor deinem Fight sogar eine Trainingseinheit mit Vincent Feigenbutz absolviert, der wie einst Arthur Abraham in derselben Klasse antritt. Wo liegen die besonderen Herausforderungen im Supermittelgewicht und was kannst du dir von den „Etablierten“ noch abschauen?
Genau, ich war letzte Woche in Karlsruhe im Boxclub von Vincent Feigenbutz mit dem Bundestrainer. Natürlich ist das ein anderes Level, alleine schon aufgrund der Professionalität und dem Bundestrainer an sich. Dazu kommt, dass man einen Personaltrainer hat, mit dem man teilweise morgens bis abends trainiert. Mit Feigenbutz habe ich dann sechs Runden Sparring gemacht – war jetzt nicht wettkampfreif, aber ich habe gut reingefunden.
Vorteile hat Feigenbutz natürlich dadurch, dass er sehr gut promotet wird, einen sehr guten Trainer hat und natürlich seine bereits gesammelte Erfahrung im reinen Boxen. Aber ich würde behaupten, dass wenn ich jetzt so weitermache, ich mir einen Kampf gegen ihn sehr gut vorstellen könnte. Er kocht auch nur mit Wasser, von daher mache ich mir da keinen Kopf. Meine einzige Hürde momentan ist, dass ich noch ein paar Kämpfe brauche, um eine gute Bilanz aufzubauen. Dadurch wird man als Boxer auch international sehr interessant für Promoter!
Der Schritt zum Profiboxer ist sicherlich auch eine finanzielle Herausforderung – Ist es richtig, dass erst ab einem bestimmten Ranking überhaupt Gage gezahlt wird? Wie können dich Sponsoren, Zuschauer und Fans aus der Region unterstützen?
Ins Profiboxgeschäft habe ich, um ehrlich zu sein, jetzt etwas schwieriger reingefunden. Es gibt viele Kämpfer, die den Vorteil haben, in einem populären Boxclub zu kämpfen. Beispielsweise Leute wie Feigenbutz, die eine sehr gute Promotion haben, dadurch schnell eine gute Bilanz aufbauen können und die Möglichkeit erlangen, sich die Gegner teilweise auszusuchen.
Ich dagegen habe nicht die Gelegenheit dazu, ich trainiere ganz normal weiter im „Chorakee Gym“ und zweimal die Woche zusätzlich mit meinem Boxtrainer privat in seinem Keller (lacht).
Das ist anfangs echt nicht so leicht: Ich musste für die Boxlizenz die ganzen Voraussetzungen erfüllen und dafür auch einiges bezahlen, zum Beispiel das Equipment an sich. Da muss man ein bisschen mehr investieren, als man gewohnt ist. Sponsoren können immer gerne auf mich zukommen – ich habe ein spezielles Sponsoring-Paket entworfen, was sehr interessant ist und ich den jeweiligen Interessenten gerne im Gespräch vorstelle.
Wie kann man sich den normalen Weg eines Profiboxers zu Beginn vorstellen? Gibt es eine Rangliste nach welcher Kämpfe verteilt, eingeordnet und entsprechend bewertet werden?
Die Rangliste gibt es international auf Boxrec.com, da bin ich jetzt aufgrund des einen Kampfes im Supermittelgewicht von über 1000 Leuten direkt auf Platz 756 gelandet. Ich konnte mir keinen Gegner aussuchen, sondern er wurde mir vorgestellt. Am vergangenen Samstag ein starker Ukrainer, der dich in der Rangliste direkt nach oben bringt wenn du ihn schlägst. Dies habe ich zum Glück auch geschafft. Falls das jetzt so weiter geht in den nächsten vier bis fünf Kämpfen, kann ich schon relativ schnell weiter in der Rangliste aufsteigen. Mein Ziel ist es Ende 2020 in den Top 100 zu sein um dann richtig anzugreifen!
Wie sehen deine nächsten Wochen aus und werden wir dich in diesem Jahr noch einmal im Ring sehen? Vielleicht sogar in der Region?
(lacht) Mir bleibt tatsächlich nichts erspart. Die nächsten Wochen werden weiterhin hart aussehen. Ich bekomme wahrscheinlich die nächste Gelegenheit für einen weiteren Profiboxkampf schon im September, das heißt heute Abend geht es schon mit der nächsten Laufeinheit weiter! Die Einzelheiten für den nächsten Kampf gibt es demnächst, da er noch nicht zu 100 Prozent feststeht. Dass, was ich schon mal verkünden kann, ist die nächste IFC Veranstaltung in der Arena Trier im November. Dort werde ich nur für die Trierer Fans nochmal einen K1 Kampf bestreiten. Allerdings wieder mit MMA Handschuhen. Das heißt, da gibt‘s Action vom Feinsten!
Berat, vielen Dank für deine Offenheit und die tollen Einblicke in den Profiboxsport – Wir drücken Dir natürlich weiterhin die Daumen und freuen uns bald wieder von dir berichten zu dürfen!
Das Interview führte Sebastian Schmitz (Chefredakteur)