Öffentlicher Nahverkehr als kommunale Pflichtaufgabe? Trier will Busfahren günstiger machen

Staus, schlechte Luft, drohende Diesel-Fahrverbote - es gibt viele Gründe, die für einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sprechen. Doch klamme kommunale Kassen machen es schwer. Ein möglicher Ausweg wird kontrovers bewertet.

0
Stadtbus SWT Trier
Foto: Wikipedia

TRIER/KOBLENZ. Die Mobilitätswende ist in aller Munde, zahlreiche Städte würden gerne den ÖPNV ausbauen und günstiger machen. In der Praxis kann ihnen aber angesichts knapper Kassen die Kommunalaufsicht einen Strich durch die Rechnung machen – aus haushalterischen Gründen. Einige Städte sehen nun die Chance, die Situation mit einer Gesetzesänderung zu verbessern – andere halten das für weniger sinnvoll.

Konkret hatte sich zuletzt der Trierer Stadtrat dafür ausgesprochen, den ÖPNV in die Liste der kommunalen Pflichtaufgaben aufzunehmen. Auch in Koblenz wurde das schon angedacht. Doch was heißt das? Derzeit ist der ÖPNV dem Nahverkehrsgesetz zufolge eine freie Selbstverwaltungsaufgabe für Kommunen. Die sollen sie «im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit» erbringen – ähnlich wie beispielsweise bei Theatern oder Schwimmbädern.

Im Gegensatz dazu sind etwa Sozialleistungen oder die Abwasser- oder Müllbeseitigung «pflichtige Aufgaben», wie Christof Pause, Leiter der Kommunalaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, erklärt. Viele Bürgerdienstleistungen wie das Ausstellen neuer Pässe stellen den Vollzug von Bundes- oder Landesgesetzen dar und sind ihm zufolge ebenfalls «pflichtig».

Daran hätten sich Kommunen und Aufsicht zu halten, betont Pause. Die Aufsicht müsse dafür sorgen, dass die Kommunen als Aufgabenträger funktionierten. Genau schaut die Kommunalaufsicht bei Städten und Kreisen hin, deren Haushalte nicht ausgeglichen sind – und das sind in Rheinland-Pfalz sehr viele. Um zu verhindern, dass ein kommunaler Haushalt aus dem Ruder laufe, könnten von der Aufsicht beispielsweise die Ausgaben für freie Aufgaben – und darin eingeschlossen die für den ÖPNV – gedeckelt werden.

Der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagt aber, es könne durchaus helfen, den ÖPNV zur Pflichtaufgabe zu machen. Ihn als freiwillige Aufgabe zu deklarieren, passe schlicht nicht in eine Zeit der Diskussionen über Klimawandel und Fahrverbote. Langner ist seit rund einem Jahr im Amt. Der Rathauschef will das Busfahren in der Stadt günstiger machen, strebt mehr Linien und eine engere Taktung an. Das sei eines seiner großen Projekte, sagt Langner. Koblenz hatte kürzlich beschlossen, den Nahverkehr in kommunale Hand zu holen.

Langner sieht große Einigkeit bei dem Thema im Kreis der Oberbürgermeister der großen Städte im Land. Die hatten sich am Dienstagabend wegen der Trierer Initiative dort getroffen. Nach Angaben der Stadt Trier wollen die OBs nun eine gemeinsame Erklärung herausgeben und sich damit an das Land wenden.

Auch Pause von der ADD hält das Ziel eines günstigeren ÖPNV grundsätzlich für positiv. Wenn das aber mehr koste, müsse auch mehr eingenommen werden. Ein Mittel sei die Erhöhung von Realsteuern wie etwa die Grund- oder Gewerbesteuer. «Das ist natürlich sehr unpopulär.» Pause hält die bloße Aufnahme des ÖPNV in die Liste der Pflichtaufgaben nicht für das Ende aller Sorgen, es sei dann nicht auf einmal mehr Geld vorhanden. «Die Decke wird dadurch nicht länger.»

Ähnlich klingt das beim Gemeinde- und Städtebund im Land. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied Karl-Heinz Frieden sagt: «Wenn das Geld fehlt, hängt das Zukunftsprojekt nicht davon ab, ob es sich um eine kommunale Pflichtaufgabe oder um eine freiwillige Leistung handelt.» Letztlich sei das eine «bürokratische Differenzierung», die noch keinen neuen Bus schaffe, keine zusätzlichen Kilometer an Schienenpersonennahverkehr und keine bessere Taktung. «Was wir brauchen, ist ein Masterplan Verkehrswende.» Nötig seien «gewaltige Investitionen», die nur Bund, Land und Kommunen gemeinsam stemmen könnten.

Nach Angaben des Verkehrsministeriums in Mainz ist ein verändertes Nahverkehrsgesetz in Arbeit. Im Sommer dürfte ein Referentenentwurf vorliegen, wie eine Sprecherin sagt. Es werde überlegt, den ÖPNV in die Pflichtaufgaben zu nehmen. Ob es am Ende dazu komme, und wenn ja mit welcher Formulierung, sei noch nicht sicher. Möglicherweise lasse sich die ÖPNV-Situation auch mit anderen Maßnahmen verbessern.

Vorheriger ArtikelLokalo Blitzerservice am MONTAG: HIER gibt es heute Kontrollen
Nächster ArtikelWochenstart – Wechselhaftes Aprilwetter in der Region

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Die Redaktion behält sich vor, Lesermeinungen zu kürzen. Es besteht kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihrer zugesandten Meinungen. Klarname ist nicht erforderlich. Eine E-Mail-Adresse muss angegeben werden, wird aber nicht veröffentlicht.