Defizite – Lehrer sorgen sich ums Schreibenlernen in der Grundschulen

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Symbolbild

RHEINLAND-PFALZ. Lehrer an den Gymnasien in Rheinland-Pfalz sehen sich nach Darstellung ihres Verbands zunehmend mit Versäumnissen konfrontiert, die sie auf das Schreibenlernen in der Grundschule zurückführen. «Wir müssen Defizite aufarbeiten», sagt die Vorsitzende des Philologenverbands Rheinland-Pfalz, Cornelia Schwartz. Dies zeige sich etwa darin, dass es inzwischen an der Mehrzahl der Gymnasien eine Rechtschreib-AG gebe. Damit bleibe Lehrern wie Schülern weniger Raum für andere Arbeitsgruppen.

«Die Kinder lernen nicht mehr, die Buchstaben zu schreiben, sondern zu malen», kritisierte Schwartz in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und zeigt als Beispiel eine Schüler-Handschrift mit etlichen Rechtschreibfehlern. «Dass Substantive klein geschrieben werden, hatten wir früher nicht. Das hat sich in den letzten Jahren drastisch gewandelt.»

Der Philologenverband plädiert dafür, Buchstaben wie in der «Fibel-Methode» vorgesehen Schritt für Schritt einzuführen und zunächst einfache Wörter einzuüben. «Insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund ist das Lernen nach der Fibel ideal, weil es sehr strukturiert vom Einfachen zum Komplexen voranschreitet», sagt Schwartz.

Das allerdings findet nach Angaben des Bildungsministeriums zum überwiegenden Teil auch so statt: «Im letzten Schuljahr haben von 962 Grundschulen 948 mit Fibeln gearbeitet», sagte Ministerin Stefanie Hubig (SPD) im September in einer Aktuellen Stunde des Landtags. «In diesen Fibeln gibt es auch Anlauttabellen.» Diese sind Teil eines Konzepts, das ursprünglich für das Lesenlernen entwickelt wurde, landläufig aber als «Schreiben nach Gehör» bezeichnet wird: Den gehörten Lauten eines Worts werden mit Hilfe der Anlauttabelle die entsprechenden Buchstabenformen zugewiesen.

Nur an 14 Grundschulen in Rheinland-Pfalz werde diese Methode des lautorientierten Schreibens im ersten und zweiten Schuljahr überwiegend praktiziert, sagte Hubig. Sie plädierte dafür, Lehrern so viel Vertrauen zu geben, beim Schreibenlernen verantwortungsvoll mit einem Methodenmix umgehen zu können.

Es sei nicht allein das «Schreiben nach Gehör», das für die festgestellten Rechtschreibprobleme verantwortlich gemacht werde, sagt Schwartz. «Aber es ist ein Element, das wir unter die Lupe nehmen müssen.» Defizite in der Rechtschreibung ließen sich in allen Fächern feststellen – «das zieht sich durch bis in die Oberstufe». Am wenigsten machten sich die Probleme im Fremdsprachenunterricht bemerkbar, der meist erst in der Sekundarstufe einsetze.

Der Verband Reale Bildung (VRB) als Interessenvertretung der Lehrkräfte an den Realschulen plus sieht den Grund für nachlassende Rechtschreibleistungen eher in allgemeinen Entwicklungen der Mediennutzung. «Wenn man sieht, wie Erwachsene schreiben, muss man eine negative Vorbildfunktion annehmen», sagt VRB-Landessprecher Bernd Karst und verweist auf verbreitete schlampige Schreibweisen in der Social-Media-Nutzung. «Auch deswegen brauchen wir mehr Deutschunterricht in der Stundentafel.»

Eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ergab im Oktober 2017, dass 23,4 Prozent der Viertklässler in Rheinland-Pfalz nicht den Mindeststandard der Rechtschreibung erreichen, etwas über dem Bundesdurchschnitt von 22,1 Prozent. Daraufhin wurden nach Angaben des Bildungsministeriums in Mainz mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dazu gehören Musteraufgaben für Deutsch, die den Anforderungen der IQB-Studie entsprechen, das Programm «Lesen macht stark» und ein verbindlicher Grundwortschatz, der im kommenden Schuljahr eingeführt werden soll.

(dpa)

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