Hier saß, las und starb Marx: Sessel des Denkers in Trier eingetroffen

Karl Marx hat darin viel studiert, geschrieben und wohl auch seine letzten Stunden verbracht: in seinem Lese- und Sterbesessel. Als neues Exponat ist der Stuhl jetzt in seinem Geburtshaus in Trier eingetroffen. Rechtzeitig vor dem 200. Geburtstag des Denkers.

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TRIER. Er war der Lieblingssessel von Karl Marx. Und das sieht man ihm an: Das eicherne Holzgestell weist einen größeren Riss, etliche Kratzer und Abnutzungsspuren auf. Und: Neue Rollen aus Horn wurden wohl nach einem «kleinen Unfall» in der Marx-Wohnung in London angeschraubt: «Marx war ja ein sehr unruhiger Mensch, er ist viel mit dem Stuhl hin und her gerollt und dann mal hängengeblieben, so dass eine Rolle abbrach», sagte Kunsthistoriker Peter Pfister von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) am Donnerstag bei der Ankunft des Marx-Lesesessels im Geburtshaus des Philosophen in Trier.

Für die Wissenschaftler ist klar: «In diesem Sessel hat Marx viel gelesen, an Manuskripten gearbeitet und sehr wahrscheinlich ist er darin auch gestorben», sagte die Leiterin des dortigen Museums Karl-Marx-Haus, Elisabeth Neu. Der Stuhl wird künftig in der neuen Dauerausstellung des Hauses zu sehen sein, die am 5. Mai zum 200. Geburtstag des Denkers unter dem Titel «Von Trier in die Welt: Karl Marx, seine Ideen und ihre Wirkung bis heute» öffnet.

Und zwar erstmalig – denn zuvor war das gute Stück in Familienbesitz. Erst im Jahr 2014 wurde der Sessel von der FES von den Ururenkelinnen Frédérique und Anne Longuet-Marx in Paris gekauft. Zum großen Jubiläum ist das Möbelstück jetzt in Marx‘ Geburtshaus gekommen. Der Stuhl habe auch in der Familie Marx eine große Rolle gespielt, sagte Ausstellungskuratorin Ann-Katrin Thomm. «Es gab eine Tradition, dass die Kinder in dem Stuhl fotografiert wurden.» Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier geboren und starb 1883 in London.

Und auch im Museum werde der Sessel «eine herausragende Position einnehmen», betonte Thomm. Schließlich sei er das «außergewöhnlichste Ausstellungsstück». Ihm wird in einem eigenen Raum ein moderner Stuhl gegenübergestellt, auf dem Besucher «eine Audiospur» hören können, um sich mit dem Denken von Marx auseinanderzusetzen. «Wir verstehen diesen Sessel vor allem als Symbol für seine Ideen, die nach dem Tod weiterleben. Es soll kein Wallfahrtsort werden.»

Das Möbelstück sei zwischen 1840 und 1860 entstanden: «Es handelt sich um einen typischen Sessel der Zeit», sagte Pfister. «Was ihn wertvoll macht, ist sein Nutzer und seine Geschichte.» Der Jugendstil-Bezug, der teils unsauber angebracht und teils abgenutzt wirkt, sei erst nach dem Tod von Marx aufgezogen worden. Man habe den Stuhl aber «bewusst nicht aufbereitet, weil wir auch seine Geschichte präsentieren wollen, die man wie in einem Buch ablesen kann».

Es habe bereits einmal in Moskau einen Stuhl gegeben, der als Sterbesessel von Karl Marx vorgestellt worden sei – und nun im Russischen Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte gelagert werde, sagt Neu. Die Familie Marx-Longuet habe jedoch eidesstattlich versichert, dass jener Sessel, der nun in Trier steht, von Generation zu Generation als Marx-Sterbesessel weitergegeben wurde, sagt Neu. «Und wir verlassen uns auf die Aussage der Nachfahrinnen.»

Link: Museum Karl-Marx-Haus

(dpa/lrs. – News)

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