Großes Interesse bei Fachtagungen zu „Cybermobbing“ in Trier und Idar-Oberstein

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TRIER/IDAR-OBERSTEIN. Insgesamt 280 Eltern, Erzieher, Lehrer, Sozialpädagogen, Psychotherapeuten, Polizisten und grundsätzlich am Thema Cybermobbing Interessierte folgten der Einladung der Polizei Trier nach Idar-Oberstein und in die Trierer Viehmarktthermen.

Aufgrund zunehmender Aktualität des Themas aber sicher auch wegen der hervorragenden Referenten waren die beiden Veranstaltungen am 31. Januar in Idar-Oberstein und am gestrigen 1. Februar in Trier schnell ausgebucht.

Polizeipräsident Rudolf Berg hieß die 190 Teilnehmer der gestrigen Veranstaltung in den Viehmarkttermen herzlich willkommen und freute sich über die große Resonanz. „Auf einem Gebiet voller rechtlicher Grauzonen und Leid für die Opfer, möchte die Polizei ein verlässlicher Partner im Netzwerk vieler Kümmerer sein“, sagte der Polizeipräsident und verwies auf die Kompetenz der polizeilichen Jugendsachbearbeitung und der Beratungsstelle.

Hiernach führte Brigitte Fischer, Leiterin der Abteilung Kultur und Schule bei der ADD Trier, die Zuhörer mit ihrem Grußwort in die Thematik ein.

Cybermobbing bedeutet, dass insbesondere jungen Menschen, wenn sie zum Opfer werden, täglich 24 Stunden an jedem Ort der Welt einem permanenten Psychoterror ausgesetzt sind. In diese Situation kommen sie, weil sie „anders“ sind.

Während das Thema Mobbing ein schon altbekanntes Phänomen darstellt, ist das Cybermobbing relativ jung und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Opfer von Schul- oder Arbeitsplatzmobbing haben in der Regel zuhause einen Fluchtpunkt, Cybermobbingopfer sind ihren Peinigern jedoch 24/7 aufgesetzt. Der Grund liegt in der permanenten Verfügbarkeit des Internets, sei es auf dem Computer, Laptop oder Tablet. In Form des Smartphones bahnt es sich seinen Weg, bespielt mit sogenannten „Sozialen Medien“, über die Hosentasche bis in unsere Schlafzimmer.

Als erster Referent informierte Peter Sommerhalter, Leiter Prävention beim Bündnis gegen Cybermobbing e.V. in Karlsruhe, grundsätzlich über das Phänomen Cybermobbing. In seinem Vortrag berichtete er über seine Erfahrungen anlässlich von Präventionsveranstaltungen an Schulen und unmittelbar mit Opfern von Cybermobbing. Sehr nachvollziehbar beschrieb er die Mechanismen, die zur Viktimisierung der Betroffenen führen. Dabei handelt es sich nach seiner Darstellung nicht um neue Vorgehensweisen der Täter. Neu sei das Tatmittel Internet, das aufgrund seiner Omnipräsenz alle bisherigen Grenzen sprenge. Als Schlüssel zum Erfolg beschrieb er weniger die Vermittlung von Medienkompetenz. Vielmehr sei die Stärkung von Sozialkompetenz und Empathie Grundvoraussetzung dafür, dass moderne Medien nicht miss- sondern gebraucht werden. Medienkompetenz könne sich auf diesem Fundament sehr leicht entwickeln. Darauf gründend stellte er sein schulisches Präventionsprojekt vor, dass sich um das „soziale Dreieck“ Eltern – Schüler – Schule aufbaut.

Besonders beeindruckend und eindringlich empfanden die Teilnehmer der Vortrag der eigens aus der österreichischen Hauptstadt Wien angereisten Michaela Horn.

Frau Horn ist die Mutter eines Jungen, der ein Opfer von Cybermobbing war. Vor sieben Jahren, im Alter von 13, wusste er aufgrund der Attacken, denen er in den sozialen Netzwerken ausgesetzt war, keinen anderen Ausweg, als sich das Leben zu nehmen.

Aufgrund der Anonymität des Internets und fehlender rechtlicher Voraussetzungen war es nicht möglich, Verantwortliche für den Tod des 13-Jährigen zu ermitteln. Die Schmerzen über den Verlust ihres Kindes und die Hilflosigkeit, der sie und ihre gesamte Familie infolge dessen ausgesetzt war, bewogen sie, den Kampf gegen Cybermobbing aufzunehmen. Sie wandte sich an die Öffentlichkeit, nutzt die Medien und letztlich auch die Politik ihres Heimatlandes, um das Phänomen aus der Anonymität zu holen.

Im dem berührenden Video „Setze ein Zeichen“ (frei abrufbar über Youtube.com) und ihrem anschließenden Vortrag beschrieb sie sehr authentisch die Leiden, die Opfern und ihren Familien angetan werden. Sie empfahl die verpflichtende Einführung eines „Internet-Führerscheins“, bevor man Kinder in die Welt des WorldWideWeb entlässt. Ansonsten könne das Internet eine Waffe in Kinderhänden werden.

Nicht zuletzt der Initiative von Michaela Horn ist es zuzuschreiben, dass es im österreichischen Strafgesetzbuch seit 2016 den sogenannten Cybermobbing-Paragraphen 107 c gibt („Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“).

„Bis die Erwachsenen mitbekommen, dass es einen akuten Mobbingfall in einer Klasse oder Gruppe gibt, ist meistens schon sehr viel passiert. Cybermobbing ist Mobbing ist Gewalt und macht Menschen krank.“ Mit diesen Kernaussagen informierte Michaela Brauburger, Referentin der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland Pfalz (LMK), die Tagungsteilnehmer über Netzwerke, Hilfsangebote und schulische Programme zur Verhinderung von und Intervention bei Cybermobbing.

Sie forderte das genaue Hinsehen jedes einzelnen an seiner Stelle – in der Familie, der Schule, im Verein, in der Gesellschaft. Opfer senden Zeichen und Hilferufe. Diese zu erkennen, nicht zu banalisieren und echte Hilfe zu leisten sei die Herausforderung, um Cybermobbing wirkungsvoll zu begegnen. Dabei und skizzierte sie die Entstehung von Gewalt unter jungen Menschen und wie sie sich in dem Phänomen des Cybermobbings Bahn bricht. Auch sie betonte, wie elementar soziale Kompetenzen und Einfühlungsvermögen für die Vermeidung von Gewalt und missbräuchlicher Nutzung des Internets seien. Sie verwies auf die von ihr mitentwickelten Inhalte auf www.klicksafe.de, die Interessierten kostenfrei im Internet zur Verfügung stehen.

So belegte die interessante Tagung am Ende doch noch, dass das Internet auch gute Seiten hat.

Wir zeigen euch den bewegenden Film der Mutter des Opfers:

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