Teenager in RLP probieren oft mehrere „legale Drogen“ gleichzeitig

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Symbolbild

MAINZ / BUDENHEIM (dpa). Die Jugend in Rheinland-Pfalz raucht, trinkt und kifft weniger. Wenn sie aber zu legalen und illegalen Drogen greift, dann häufig zu mehreren gleichzeitig. Und die Konsumorte ändern sich.

E-Zigarette und Shisha, Alkohol und Energydrinks: Jugendliche in Rheinland-Pfalz probieren oft mehrere „legale Drogen“ gleichzeitig. «Der Anteil an simultanen Konsumenten ist hoch», sagte Samuel Tomczyk am Freitag auf einer Drogenkonferenz im rheinhessischen Budenheim. Tomczyk vom Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung hat auch in Rheinland-Pfalz Schüler von der 5. bis zu 10. Klasse zu ihrem Substanzkonsum befragt.

Ein Ergebnis des sogenannten Präventionsradars: Die Zahl der Nichtraucher ist so hoch wie nie zuvor – aber wer raucht, inhaliert meistens in mehreren Formen. Die Zahl derjenigen jungen Rheinland-Pfälzer, die noch nie eine Zigarette, Shisha oder E-Zigarette probiert haben, liegt laut Tomczyk bei etwa 70 Prozent. Bei den anderen haben 15 Prozent alle drei Formen getestet, 9 Prozent zwei Formen und 8 Prozent eine.

Unter den älteren Befragten, nämlich denen aus der 9. und 10. Klasse, wiesen alle drei Spielarten etwa 50 Prozent auf. «Es gibt eine Verschiebung hin zu E-Zigaretten und Shishas, die auch in anderem Umfeld geraucht werden, im Park oder in Shisha-Bars. Das ist ein ganz anderer Konsum als in der Raucherecke der Schule. Und wir bekommen ihn nicht mehr so mit», sagte Tomczyk. Auch seien die Auswirkungen des multiplen Konsums bislang wenig erforscht.

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) hob hervor, dass sich die Zahl der regelmäßigen Raucher unter den jungen Menschen im vergangenen Jahrzehnt ungefähr halbiert habe. «Das ist ein wirklich schöner Erfolg.» Auch beim Alkoholkonsum, etwa den Einlieferungen von Jugendlichen mit einer Alkoholvergiftung, sind die Zahlen rückläufig. Trotzdem betonte sie: «Wir dürfen absolut nicht nachlassen bei der Prävention, bei unseren Bemühungen, diese Zahl weiter nach unten zu bringen.»

Im vergangenen Jahr wurden laut Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz 57 500 Menschen durch suchtpräventive Maßnahmen erreicht. Heinz Müller vom Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz erklärte, dass die Beschäftigung mit Prävention im Alltag der jungen Menschen angekommen sei. «Das zeigen die Selbstauskünfte der Jugendlichen im Kinder- und Jugendbericht.»

Für Bätzing-Lichtenthäler, die früher Drogenbeauftragte der Bundesregierung war, gehört die Ausbildung von selbstbestimmten Konsummustern zur Jugend. «Für die meisten jungen Menschen ist Risikoverhalten eine vorübergehende Phase, in der sie die Kompetenz entwickeln, mit vielfältigen Angeboten später souverän umzugehen.» Es könne aber zu Überforderung kommen – und legale oder illegale Drogen könnten als Problemlöser eingesetzt werden. «Dann kann das Risikoverhalten zum Problem werden.»

Im Kampf gegen Drogenabhängigkeit unter jungen Menschen ruft die Ministerin die Ärzte zu mehr Engagement auf. «Suchtkranke Menschen kommen meist zu einem Zeitpunkt zu niedergelassenen Ärzten und in die Krankenhäuser, zu dem noch kein Kontakt zum Suchthilfesystem besteht», sagte sie. «Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Ärzte im Sinne ihrer suchtgefährdeten oder gar schon suchtkranken Patienten frühzeitig tätig werden durch entsprechende Intervention.»

Gerade Jugendliche mit einem Risikoverhalten seien oft nicht bereit, selbst Veränderungen einzuleiten. Dabei hätten falsche Entscheidungen und Strategien in Bezug auf Drogen einen ganz erheblichen Einfluss auf das weitere Leben. «Nachträgliche Kurskorrekturen sind in den meisten Fällen ohne eine Unterstützung überhaupt nicht mehr möglich», sagte Bätzing-Lichtenthäler. Ein frühzeitiger Zugang zu Hilfsangeboten sei deswegen wichtig. In den Suchtberatungsstellen des Landes fänden jedes Jahr rund 16 000 Menschen Unterstützung.

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